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Nach Le Mans und vor Jarama

Nach Le Mans und vor Jarama

02. Oktober 2019Wie schon im vergangenen Jahr finden der vorletzte Saisonlauf der FIA European Truck Racing Championship in Le Mans und das Finale auf dem Circuito del Jarama nördlich von Madrid innerhalb einer Woche statt. In Le Mans konnte man bis Dienstagmittag stehen bleiben, das Fahrerlager in Jarama war ab Mittwochmorgen geöffnet. So fuhren denn natürlich auch fast alle Teams direkt von Frankreich nach Spanien.
In Le Mans gab es neben dem Truckracing – gleich in doppelter Ausführung: FIA European Truck Racing Championship und Championat de France Camions – auch das übliche Spektakel mit viel Show, mit einer riesigen Menge fantastisch bemalter und mit jedem erdenklichen Zubehör ausgestatteter Trucks, mit einem spektakulären Feuerwerk, mit einem Konzert bis weit in die Nacht und vor allem aber mit Ausstellungszelten und -Pavillons der einschlägigen Industrie. Denn die 24 Heures Camions sind seit jeher auch eine Präsentationsplattform und ein Treffpunkt der Nutzfahrzeug- und Logistikbranche.
Letztendlich standen aber natürlich die Rennen im Focus der knapp 60.000 Zuschauer.
Hin und wieder, wenn es für einen Piloten ganz schlecht gelaufen ist, wird hier ja auch der Pechvogel des Wochenendes erwähnt. Das war diesmal sicherlich der Ungar Norbert Kiss, der mit seinem Mercedes-RaceTruck nur einmal ins Ziel kam – als Sechster – und dann später disqualifiziert wurde. Der zweifache Europameister blieb so ohne jeden Punkt.
Die Glücklichsten in Le Mans waren dann auf der anderen Seite wohl Iveco-Pilot Jochen Hahn und sein Team. Nach dem zweiten Rennen am Samstag stand fest, dass der Deutsche zum sechsten Mal das FIA-Championat gewonnen hatte, so oft wie noch niemand zuvor.
Zudem hat er seiner Titelsammlung noch einen weiteren hinzugefügt, denn auch die Meisterschaft in der Teamwertung, in der er ja zusammen mit seiner deutschen Markenkollegin Steffi Halm unter dem Namen „Die Bullen von Iveco Magirus“ fährt, ist dem Team nicht mehr zu nehmen.
Auch wenn im Titelkampf alles entschieden ist, langweilig wird es beim Finale auf dem Circuito del Jarama bestimmt nicht, schließlich ist der Kampf um die restlichen Podiumsplätze bei der FIA-Zerenomie und auch um die weiteren Platzierungen offen wie selten zuvor.
Lokalmatador Antonio Albacete (MAN) liegt zwar weiterhin auf dem 2. Platz, aber gerade mal noch drei Pünktchen vor dem Tschechen Adam Lacko (Buggyra Freightliner). Selbst Steffi Halm hätte theoretisch noch Podiumschancen, sollte einer der beiden vor ihr liegenden Piloten, die etwas mehr als 30 Punkte Vorsprung haben, schwer patzen.
Sollte sie aber selbst in solch eine Bredouille geraten, wäre allerdings auch ihr vierter Gesamtrang noch in Gefahr. MAN-Pilot Sascha Lenz und Kiss liegen auch rund 30 Punke hinter der Iveco-Pilotin.
Auch von solch rein theoretischen Überlegungen abgesehen, wird es spannend zugehen, einmal in dem schon erwähnten Kampf zwischen Albacete und Lacko, aber auch im Duell zwischen Lenz und Kiss um Platz fünf, denn die Zwei liegen sogar nur zwei Zähler auseinander.
Natürlich gilt Albacete auf seiner Hausstrecke immer als Favorit. Er könnte die Strecke wohl im Schlaf fahren, so viele Runden hat er hier schon gedreht. Allerdings gab es in den vergangenen Jahren fast immer jemanden, der mehr Punkte geholt hatte als der Madrilene – darunter war auch Lacko. Der zweite Platz für den MAN-Piloten ist also ganz bestimmt kein Selbstläufer.
Auch beim zweiten ganz engen Duell, dem zwischen Lenz und Kiss, gilt der Ungar zwar schon seit seiner Tourenwagenzeit als ausgesprochener Kenner des Circuito del Jarama. Doch in den letzten Jahren war er hier im Truckracing dann doch nicht mehr so erfolgreich, Lenz dagegen steigerte sich von Jahr zu Jahr und holte hier in der vergangenen Saison auch schon 29 Punkte.
Aber die Truckracing-verrückten Fans auf den Tribünen möchten ja nicht nur die Topleute Europas sehen, für sie sind die spanischen Truckracer mindestens so wichtig. Denn wo die FIA-Piloten möglichst gradlinig die Ideallinie suchen, driften die Spanier so spektakulär wie nur eben möglich um die Kurven.
Kaum jemand anderes absolviert solch extreme Burn-Outs und Donuts wie die einheimischen Piloten, bei Ihnen scheint der Spaß-Faktor einen noch höheren Stellenwert zu haben als der sportliche.
In diesem Jahr gab es aber Änderungen im spanischen Truckracing. Der Organisator in Jarama hat gewechselt, aus dem Copa de España de Camiones ist das Campionato de España de Carreras de Camiones geworden. Die Spanische Meisterschaft wird nun in eigenen Rennen ausgetragen, die in Jarama im Rahmenprogramm starten.
Sportlich wohl sinnvoll, Jarama verliert so aber auch etwas von seinem bisher einzigartigen Reiz, wenn gerade die letzten im Feld die größte Show lieferten und den meisten Beifall einheimsten.