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Most Drumherum

Most Drumherum

11. September 2016Hungaroring und Autodrom Most – das war die erste der beiden Doppelveranstaltungswoche in der diesjährigen FIA European Truck Racing Championship. Ein besonderes Augenmerk lag in den Tagen zwischen den beiden Veranstaltungen auf Frankie Vojtisek.
Bei den Rennen in Ungarn hatte der Tscheche ja den folgenschweren Unfall. Manchem Betrachter des havarierten MAN-RaceTrucks beschlichen massive Zweifel, ob der Renner bis zu Vojtiseks Heimrennen wieder rennfertig hergerichtet werden könnte.
Tatsächlich aber stand der MAN am Freitagnachmittag für die Parade in das Stadtzentrum von Most parat, allerdings nicht mit dem etatmäßigen Piloten Frankie Vojtisek im Cockpit.
Denn bei ihm waren erst ein paar Tage nach dem Unfall massive Schwellungen am Bein aufgetreten, an Autofahren geschweige, denn sogar Rennen zu fahren war nicht mehr zu denken. Und so beschränkten sich Vojtiseks Aktivitäten in Most leider darauf, sich den hier natürlich besonders zahlreichen Gästen zu widmen.
Dabei hatte der MAN-Pilot noch am Hungaroring gleich seinen Rennoverall gegen den Blaumann getauscht und seiner Mannschaft kräftig bei den ersten Reparaturarbeiten geholfen, umso überraschender waren für alle die gesundheitlichen Nachwirkungen.
Die Befürchtungen bei den Doppelveranstaltungswochen beziehen sich meist darauf, dass im Falle eines Falles möglicherweise nicht ausreichend Zeit bliebe, ein Fahrzeug wieder rechtzeitig fertig zu stellen. Dass auch die körperliche Unversehrtheit des Piloten oder auch der Pilotin nach solch einem Crash mal ausschlaggebend sein könnte, daran hat man bisher eigentlich weniger gedacht.
Tatsächlich sind die RaceTrucks trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihrer enormen Masse von weit über fünf Tonnen extrem sicher.
Andererseits wird bei solch Doppelveranstaltungswochen auch die finanzielle Komponente angeführt, denn das ist ja einer der Gründe bei dieser Terminierung – sieht man einmal von dem etwas missglücktem Terminplan 2006 ab, als der Truckracing-Tross in weniger als drei Tagen von der italienischen Adria bis ins Landesinnere Spaniens rund 1.800 km zurücklegen musste, und niemand einen wirklichen Sinn darin erkennen konnte.
Kosten konnten dadurch zumindest nicht eingespart werden.
Ganz anders sehen das die meisten Teams bei der seit Jahren üblichen Jarama-Le Mans-Tour.
Insbesondere die Teams aus Mittel- und Osteuropa sparen nicht nur Geld, liegt doch Le Mans meistens nicht allzu weit entfernt von ihrer normalen Wegstrecke von Spanien zurück, sondern auch Zeit. Zwei Einzelreisen nach Madrid und Le Mans würden erheblich mehr Zeitaufwand bedeuten als die Kombitour.
Und nicht zuletzt zeigt sich besonders in solch misslichen Situationen, dass die Truckracing-Community eine große Solidargemeinschaft, eine große Familie ist, wie man sie wohl in keiner großen internationalen Motorsport-Serie sonst so finden wird.
Denn auch Frankie konnte bei der Reparatur des RaceTrucks auf die Unterstützung der verschiedensten Teams bauen.
Die einen halfen beim Einbau der Hinterachse, die nächsten beim Einbau des Getriebes, andere bei der Elektrik und Elektronik und so weiter und so fort.
Auch als vor einigen Jahren der MAN von Antonio Albacete in Jarama bei einem schweren Unfall besonders stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, und die Crew von Lutz Bernau nur schwerlich in der Lage war, den Renner bis Le Mans wieder fix und fertig auf die Räder zu stellen, bot das Team Robineau, deren Werkstätten nur wenige Kilometer vom Circuit Bugatti entfernt liegen, ihre Hilfe an.
An Hilfsbereitschaft und Solidarität hat es bei den Truckracern noch nie gemangelt – wenn es hart auf hart kommt.
Letztendlich standen aber auch in Most natürlich die vier Rennen im Mittelpunkt.
Einmal mehr erwiesen sich die beiden heißen Titelaspiranten Jochen Hahn (GER) und Lokalmatador Adam Lacko (Buggyra Freightliner) als eifrigste Punktesammler, beide konnten auf ihrem FIA-Konto jeweils 51 neue Zähler verbuchen – es bleibt also extrem spannend.
Aber es wurde gerade auch im Zusammenhang mit dem ersten Samstagsrennen seitens der Aktiven etwas Kritik geübt. So wurden auch die Attacken Lackos auf Hahns MAN vielfach als grenzwertig empfunden, und manche Entscheidungen der Stewards konnten nicht immer von allen Beteiligten nachvollzogen werden.
Gerade die ja doch recht drakonischen Strafen für Overspeed stünden im Vergleich zu den Ermahnungen – wenn es überhaupt solche gebe – für den von vielen Aktiven und Beobachtern als extrem hart oder gar als „Dangerous Driving“ betrachteten Fahrstilen einzelner Piloten in keinem Verhältnis. Dies gab dann auch Anlass mancherlei – mittlerweile gar öffentlicher – Diskussion.
Andererseits gibt es für Overspeed klare, objektive Vorgaben, da gibt es auch keinen Diskussionsspielraum, das ist im Regelwerk klar definiert.
„Dangerous Driving“ zu beurteilen, ist dagegen eher eine Interpretationssache der Verantwortlichen.
So gibt es nun eine Initiative, dass sich alle Pilotinnen und Piloten – und wirklich auch nur diese – zusammensetzen wollen, um einmal diese Dinge aus ihrer Sicht zu diskutieren.
Zum Schluss noch eine kurze Anmerkung in eigener Sache.
Es gab einige Nachfragen, weshalb der Zeitplan von Most bei „truckracing.de / truckrace.info“ kurzfristig vom Netz genommen worden sei.
Der Zeitplan von Most war noch während der Veranstaltung mehrfach geändert worden. Wir selbst sahen keine Möglichkeit, den Änderungen vor Ort rechtzeitig nachkommen zu können. Um Verwirrungen zu vermeiden, war es für uns das Einfachste, den Zeitplan von dieser Seite zu löschen– auch wenn wir wissen, dass diese Zeitpläne extrem beliebt sind, schließlich werden manche ja mehr als 20.000 mal herunter geladen.

Impressionen:

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