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Nogaro Drumherum

Nogaro Drumherum

19. Juni 2016Nogaro - Der 3. Lauf zur FIA European Truck Racing Championship im südfranzösischen Nogaro war das erwartet große Truckracing- und Truckerfestival – vor insgesamt mehr als 40.000 Besuchern. Immer wieder haben wir an dieser Stelle betont, dass an den Rennwochenenden mehr als zehnmal so viele Fans zum Circuit Paul Armagnac gekommen seien als Nogaro Einwohner zähle. Da lag die offizielle Einwohnerzahl noch bei knapp dreitausend.
Nun ist das Department Gers im Herzen der Gascogne im eh schon nicht besonders dicht besiedelten Frankreich mit 30 Einwohnern pro Quadratkilometer das Department mit der geringsten Bevölkerungsdichte (zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen hat 523 Einwohner / qkm).
Man lebt fast nur von der Landwirtschaft, und wie alle derartigen Gebiete leidet man auch hier ganz massiv unter der Landflucht, und so weist die aktuelle Statistik für Nogaro nicht einmal mehr zweitausend Einwohner aus.
Dennoch wartete das Truckracing-Weekend mit eben jenem Besucherrekord von mehr als 40.000 Fans auf – also mittlerweile dem Zwanzigfachen der Einwohnerschaft.
Wie wichtig diese Rennwochenenden für Nogaro sind und wie sehr der ganze Ort hinter dem Truckracing-Weekend steht, zeigte einmal mehr der RaceTruck-Korso durch die schmalen Gassen am Freitagabend, auch wenn das Fest etwas unter den leichten Regenschauern zu leiden hatte. Der Begeisterung auf Seiten der Fans ebenso wie auf Seiten der Truckracer tat das aber keinen Abbruch.
Aber es wurde nicht nur gefeiert, für die 40.000 gab es immer was zu sehen. Die Motorrad-Trial-Show, die große Truck-Parade, einer der Höhepunkte bei vielen Truckracing-Weekends, so ja auch beim TGP am Nürburgring, und es gab natürlich viel Motorsport – neben den Rennen der FIA ETRC eben auch die des Coupe de France Camions.
Zwar hatte für den 3. Lauf der FIA ETRC das Iveco-Schwabentruck-Team schon zu Beginn der Saison für Nogaro den „Joker“ gezogen, tankpool24 hatte einen kurzfristig irreparablen Schaden am Mercedes-Motor zu beklagen, der eigentlich in Nogaro im RaceTruck von André Kursim eingesetzt werden sollte, und der Tscheche Frankie Vojtisek meldete für seinen MAN kurzfristig einen technischen Defekt – doch hoch spannend war es allemal.
Dass der Ungar Norbert Kiss bereits am dritten Rennwochenende mit dem ständig weiterentwickelten tankpool24-Mercedes die SuperPole und auch das anschließende Rennen gewinnen würde, damit hatte wohl kaum jemand gerechnet, es wird die Saison aber noch interessanter machen. Umso bedauerlicher war es, dass der zweifache Champion am Sonntag wegen eines an der Strecke nicht reparierbaren Motordefekts die Segel streichen musste.
Auch die beiden MAN des deutschen Reinert Racing Teams mit Steffi Halm und René Reinert waren nicht vom Glück begünstigt. Durch Unfälle, für die sie beide nicht einmal ansatzweise etwas konnten, verloren sie die Chance auf noch mehr Punkte, auch wenn gerade Reinert mit seinem Sieg im zweiten Samstagsrennen doch schon recht zufrieden war.
Steffi Halm haderte dagegen etwas mehr mit den Geschehnissen, zumal sie ja nach dem Schlussrennen noch als Drittplatzierte auf dem Podium gestanden hatte. Tatsächlich hatte es in der letzten Runde wohl einen Hinweis gegeben, dass der Franzose Anthony Janiec, der nach einem extrem spannenden Duell mit seinem MAN nur wenige Zehntel vor Halm die Ziellinie passiert hatte, eine Durchfahrtsstrafe erhalten habe.
In den Sporting Regulations ist unter 15.3.b nachzulesen, dass eine solche Strafe in 30 Strafsekunden umgewandelt wird, wenn sie erst in den letzten 3 Runden oder nach dem Rennen mitgeteilt wird, so kam denn also Halm aufs Treppchen.
Lange nach der Siegerehrung bekamen dann aber insgesamt gar sechs Pilotinnen und Piloten, darunter auch Steffi Halm, jeweils eine 30-Sekundenstrafe verpasst.
Tatsächlich muss gemäß Punkt 18 beim Fliegenden Start ein Tempo zwischen 50 km/h und 70 km/h eingehalten werden, ansonsten ist eine Durchfahrtsstrafe fällig.
Dass dieser Reglements-Verstoß gleich zu Anfang der ersten Runde dann zum Teil erst lange nach der Siegerehrung geahndet worden ist, rief bei den Betroffenen schon ein paar Irritationen hervor.
Möglicherweise, so die Argumentation, verliert man in Nogaro durch eine Drive Through weniger als 30 Sekunden, und zum anderen hätten die bestraften Pilotinnen und Piloten anschließend die Möglichkeit gehabt, sich wieder weiter nach vorn durchzukämpfen.
Ansonsten bleibt der Kampf um die Meisterschaft aber ungeheuer eng.
Derzeit hat der Tscheche Adam Lacko (Buggyra Freightliner) gerade mal zwei Pünktchen mehr auf seinem FIA-Konto als MAN-Pilot Jochen Hahn.
Selbst der plötzlich erstarkte Norbert Kiss hat mit 85 Punkten Rückstand durchaus noch Titelchance, wenn sein Mercedes während der restlichen sechs Rennwochenenden genauso gut läuft wie am Samstag in Nogaro.
Es ist zwar schon 10 Jahre her, doch gerade im Team Hahn Racing kann man sich immer noch gut, wenn auch eher ungern, daran erinnern.
Damals standen – ebenfalls nach den Rennen in Nogaro – sogar nur noch vier Wertungsläufe an, die Ergebnisse des TGP am Nürburgring flossen 2006 nicht in die FIA ETRC-Wertung ein. An diesen vier Rennwochenenden schaffte es der spanische MAN-Pilot Antonio Albacete, tatsächlich noch 93 Punkte mehr einzufahren als der seinerzeitige Spitzenreiter Hahn mit seinem Mercedes-Benz.
So hieß denn der Champion nach dem Finale in Jarama auch Albacete.

Impressionen:

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