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Istanbul Drumherum

Istanbul Drumherum

15. Mai 2012Es war für die Teams der FIA European Truck Racing Championship schon so eine kleine Fahrt ins Ungewisse – die Reise nach Istanbul zum ersten Rennen der neuen Saison. Im Vorfeld fehlte es auch so manchem an ausreichenden Informationen. Doch je näher der Renntermin rückte, desto klarer wurde auch, dass sich die Truck Racing Organisation-TRO und die örtlichen Veranstalter und Organisatoren b-planet und TOSFED nicht nur schon längst mit der Problematik der Anreise beschäftigt, sondern auch schon alles Notwendige in die Wege geleitet hatten. Dass dann das Schiff mit erheblicher Verspätung erst am Donnerstagabend im Hafen von Pendik bei Istanbul eintraf, war denn auch eher nur noch ein Schönheitsfehler. Gar nicht gefallen hatte es den Teams und Truckracern, dass sie am Sonntag schon während des letzten Rennens mit dem Abbau beginnen mussten. Denn der Beginn der Verladung für die Rückfahrt nach Trieste war kurzfristig von Montagnachmittag 14:00 auf Sonntagabend 22:00 vorverlegt worden. Die Fahrt vom Paddock des Istanbul Park Circuit zum Hafen von Pendik dauert eine knappe halbe Stunde, am Sonntagabend war das Fahrerlager wie leergefegt.
Das Wetter war vielleicht nicht unbedingt so, wie man es sich normalerweise von einem Mittelmeerland im Mai vorstellt, die Rennfahrer zeigten sich aber sehr zufrieden. Kein wirklicher Regen, schlimmstenfalls mal ein leichtes Fisseln, keine hohen Temperaturen, da ließ sich gut Rennen fahren. Nur die einzelne Runde war ein bisschen lang, gäbe es eine fahrbare Kurzanbindung, hätte es Truckracern noch besser gefallen. Wie ja schon mehrfach beschrieben ist die ganze Anlage des Istanbul Park einfach gigantisch groß. Wie so häufig in der Formel 1 herrschen hier überdimensionale Maßstäbe, denn für die F1 war diese Strecke ja auch eigentlich konzipiert worden. Ansonsten scheint sich dort auch nicht viel dort zu tun, bei unserer Ankunft hingen in den Schaukästen noch die Ergebnislisten des letzten Formel 1-Rennens vom 6. Mai 2011.
Und nun kam die FIA European Truck Racing Championship, bei der alles eben etwas gemächlicher und familiärer zugeht. Im Prinzip ist der Istanbul Park für die FIA ETRC einfach eine Nummer zu groß. 15.000 Zuschauer waren insgesamt zum ersten Lauf einer Truck-EM in der Türkei gekommen. Und im Gegensatz zu ersten Meldungen gab es doch nicht nur geladene Gäste, es gab auch Fans, die ihre Tickets selbst gekauft hatten, 15,- Euro für die Wochenendkarte.
Auch wenn sich diese eigentlich nicht kleine Anzahl an Personen in dem riesigen Fahrerlager und den vielen Tribünen schon etwas verlor, zeigten sich die Veranstalter höchst zufrieden. Denn, so hieß es im Paddock, beim letzten DTM-Rennen seien nur 5.000 Zuschauer im Istanbul Park gewesen.
Die Menschen in der Türkei scheinen doch nicht ganz so motorsportverrückt – was man eigentlich kaum glauben mag, wenn man all die Nachwuchs-Schumis, -Vettels, -Alonsos etc. durch die 15 Millionen-Metropole Istanbul rasen sieht. Doch die Zukunft des Istanbul Parks sieht alles andere als rosig aus. Scheinbar nicht geklärte Besitzverhältnisse verbunden mit Konkursen verschiedener Beteiligter erleichtern es gerade nicht einem Veranstalter, dort eine Rennserie aufzuziehen. Und so konnte mit den endgültigen Vorbereitungen für das Rennen auch erst relativ spät begonnen werden. Zuvor stand der erste Lauf zur FIA ETRC 2012 tatsächlich mehrmals auf des Messers Schneide.
Titelverteidiger Jochen Hahn kam jedenfalls topvorbereitet nach Istanbul. Der MAN-Pilot machte genau da weiter, wo er in der letzten Saison aufgehört hatte, es schien als spiele er fast mit der Konkurrenz. Und wenn es dann so aussieht, als müsse sich Hahn vielleicht doch mal „nur“ mit einem 3. Platz zufrieden geben, wie am Sonntag im letzten Rennen, hat er auch noch das Glück des Tüchtigen. Die vorn liegende Konkurrenz (Antonio Albacete und Markus Oestreich) kam sich derart ins Gehege, dass der Schwabe mühelos vorbeiziehen und seinem vierten Sieg im vierten Rennen entgegen fahren konnte. Während MAN-Kollege Albacete wenigstens in der SuperPole dem großen Favoriten aus Altensteig den Schneid abkaufen konnte, steht MKR-Renault-Stratege Mario Kress mit seiner Armada aus Adam Lacko, Markus Bösiger und Markus Oestreich derzeit scheinbar etwas ratlos da. Es wäre schon etwas erstaunlich, wenn dem großen Zampano aus Rheinau – jetzt in Tschechien beheimatet – in der kurzen Zeit bis zum nächsten Rennen in Misano noch etwas einfallen würde.
Andererseits Misano – ist das nicht die Rennstrecke, auf der Bösiger mit dem damals ganz neuen MKR-Renault gleich im ersten Rennen der Saison alles in Grund und Boden fuhr? Vielleicht ist das für Kress und seine Mannen ja ein gutes Omen.

Impressionen:

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