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Zolder Vorbericht

Zolder Vorbericht

15. September 2011In Zolder sind schon Meister gekürt worden, in Zolder sind aber auch schon Meisterträume zerborsten, und gerade davon kann auch der derzeit im Championat führende Jochen Hahn ein Liedchen singen. Es ist noch gar nicht so lange her, da fuhr der deutsche MAN-Pilot noch Mercedes, kam mit großem Vorsprung nach Belgien – und hatte dann einen Ausfall nach dem anderen. Am Ende der Saison reichte es dann nur noch zum dritten Platz. Nun biegt der Schwabe gar mit 78 Punkten mehr als der schärfste Verfolger auf die Zielgeraden der Truckracing-Saison ein, und so sehen denn auch nicht wenige Fans und Konkurrenten in ihm auch schon den neuen Champion. Hahn selbst zeigt sich da wesentlich zurückhaltender, auch wenn er nicht mehr leugnen kann, der wohl heißeste Meisterschaftsanwärter zu sein. „Aber“, so gibt der MAN-Pilot zu bedenken, „noch kann jeder meiner Konkurrenten 180 Punkte holen. Wenn ich zwei oder drei Mal keine Punkte bekomme, sei es durch einen Unfall oder durch einen technischen Defekt, dann ist mein Vorsprung ganz schnell dahin geschmolzen. Das haben wir alles schon erlebt.“
Schließlich sind es ja auch nicht weniger als sechs Piloten, die sich – rein theoretisch – noch Hoffnungen auf die Meisterschaft machen können. Allerdings schätzen der spanische Titelverteidiger Antonio Albacete auf MAN, die beiden Tschechen Adam Lacko (Renault) und David Vrsecky (Freightliner), die beiden Renault-Piloten Markus Oestreich (GER) und Markus Bösiger (SUI) sowie der Deutsche Uwe Nittel auf MAN die Situation ganz realistisch ein. Hahn muss nicht mehr gewinnen, er muss nichts mehr riskieren, er muss einfach nur noch in die Punkteränge fahren. Und so glaubt in dieser Verfolgergruppe auch niemand mehr so recht daran, dem Deutschen den Meistertitel noch streitig machen zu können. Doch am Ende bei der FIA-Ehrung in Le Mans neben Hahn auf dem Podium zu stehen, darauf machen sich alle sechs noch mehr oder weniger große Hoffnungen.
Insbesondere die drei MKR-Piloten Lacko, Oestreich und Bösiger sind seit dem letzten Rennwochenende in Most wieder im Aufwind. Und auch die Konkurrenz zeigte sich sehr beeindruckt von dem grandiosen Dreifachtriumph des MKR-Renault-Teams im ersten Sonntagsrennen. Bösiger und Oestreich haben zudem an Zolder beste Erinnerungen. Im vergangenen Jahr düpierten sie die Gegner im letzten Rennen – allerdings auch bei strömendem Regen. Und nicht zuletzt haben sich die beiden Renault-Piloten ein großes Ziel gesetzt, sie wollen ihren Titel im Team-Championat verteidigen. Doch dort führt noch das Team Cepsa-Truck Sport Lutz Bernau (Albacete/ Nittel) mit 510 Punkten. Mit 478 Punkten liegen die beiden früheren Europameister von MKR Technology aber dicht auf, hier ist die Meisterschaft wirklich noch völlig offen.
Das Rennen in Zolder ist aber auch das Heimrennen eines Piloten aus dem Mittelfeld, des Belgiers Jean-Pierre Blaise. Der Unternehmer aus Malmedy ist erst in dieser Saison von MAN zu Renault gewechselt, und diese Umstellung ist für das Team doch etwas aufwändiger verlaufen. Noch hat man nicht zur alten Stärke zurück gefunden. Der Auftritt in Most, als Blaise um gerade mal 5 Sekunden die Punkteränge verpasste, weckte bei dem Belgier allerdings Hoffnung, sein bisheriges Konto von 3 Punkten in Zolder noch aufstocken zu können.
Da wird sich Blaise auch wieder mit dem diesjährigen Liebling der Fans und der Medien auseinandersetzen müssen, mit Stephanie Halm. Die 27jährige Deutsche ist die einzige Dame im 20er-Feld der FIA-Piloten. Auch wenn ihr Mercedes-Benz äußerlich topp fit wirkt, drinnen schlummert ein Motor, der leistungsmäßig (noch) nicht an die 1.100 PS und mehr der Spitzenpiloten heranreicht. Dennoch, wenn die zierliche, junge Dame mit den langen, blonden Haaren aus ihrem fünfeinhalb Tonnen schweren RaceTruck steigt, steht sie regelmäßig im Focus der vielen Profi- und Hobby-Photographen.
Komplettiert wird das Feld durch fünf Race-by-Race-Piloten, darunter auch „Mr. Truckracing“, der mehrfache Europameister Gerd Körber. Der Deutsche hat bei seinen wenigen Auftritten mit dem privat aufgebauten Iveco bereits 12 Punkte eingefahren und freut sich ungemein darauf, vielleicht doch dem einen oder anderen Piloten aus den Profi-Teams ein paar Punkte wegschnappen zu können. Nicht zu vergessen auch der Spanier Javier Mariezcurrena. Bei seinem Auftritt in Nogaro lehrte er die Favoriten das Fürchten, als er im letzten Rennen seine zuvor – als Achter – eroberte Pole souverän verteidigte und den ersten Sieg seiner Truckracer-Karriere einfuhr. Und dann kommt ja auch noch Sascha Lenz. Mit seinem Mercedes-Truck will der junge Deutsche das erreichen, was seinem Vater zuletzt in Most verwehrt geblieben ist: den ersten Punkt einfahren. Denn im Gegensatz zu Heinz-Werner ist Sascha bei einem der ersten fünf FIA-Rennen eben schon am Start gewesen, und wäre so gemäß FIA-Reglement auch berechtigt, Punkte zu erhalten. Und dann ist da noch ein ganz Neuer, der Ungar Norbert Kiss. Er fährt an Stelle von Zoltan Birnbauer den OXXO-MAN. Seine bisherigen Renn-Erfahrungen hat sich Kiss vor allem in Tourenwagen angeeignet, mal sehen, wie er mit der etwas raueren Gangart im Truckracing klar kommt.
Obwohl der 8.Lauf der FIA European Truck Racing Championship in Zolder ein waschechtes 2-Tage-Event ist, wartete bereits am Mittwochabend ein kleiner Konvoi aus Trucks und Wohnmobilen – angeführt von TRO-Chef Fabien Calvet – vor dem bis 18:00 Uhr verschlossenen Tor. Man reist scheinbar immer früher an, denn auch auf dem inmitten in Rennstrecke gelegenen Campingplatz sind die besonders guten Plätze schon belegt.
Für die Mechaniker und Piloten hat die TRO in Zolder übrigens noch ein ganz besonderes Bonbon: Ganzkörpermassage im Wellmobil der Firma Hoeber aus Adenau.

Impressionen:

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