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Misano Drumherum

Misano Drumherum

27. Mai 2011„Bin aus MisHahno zurück“ meldete ein Teammanager in Facebook, und traf damit den Nagel auf den Kopf, denn der 2. Lauf zur FIA European Truck Racing Championship entpuppte sich tatsächlich zu einem echten Jochen Hahn-Festival. Beim Saisonauftakt in Donington hatte es am ersten Tag für den deutschen MAN-Piloten nicht einmal für die SuperPole gereicht – und nun vier Wochen später vier Siege in vier Rennen. Da war am Sonntagabend natürlich Feiern angesagt – bis früh in den Montagmorgen, denn schließlich hatte der Schwabe hier in Misano auch Truckracing-Geschichte geschrieben. Seit der Änderung des Reglements für das zweite Tagesrennen, in dem die ersten Acht aus dem vorherigen Rennen nun ja in umgekehrter an den Start gehen, war es noch keinem Fahrer gelungen, die Traumpunktzahl 60 zu erreichen. 59 hatten schon mal David Vrsecky (CZE) und Antonio Albacete (ESP) geschafft – aber 60, das war ein Novum.
Am Samstagabend, nach dem spektakulären Crash zwischen Uwe Nittel (GER) auf MAN und Vrsecky auf Buggyra war eigentlich kaum jemandem so richtig nach Feiern zumute. Die Stimmung war sehr gedämpft und alle hackten auf Nittel herum - insbesondere nachdem Einzelne das Videomaterial von TRO.TV gesehen hatten, und als kurz nach dem Rennen schon erste Photos – aus diesen Videos stammend – auf einer tschechischen Seite veröffentlicht wurden. Die Bernau-Truppe wertete Nittels Telemetriedaten schließlich ganz exakt aus, ebenso die Bilder aus den Onboard-Videos der hinter den beiden Havaristen fahrenden Piloten und war durchaus nicht mehr der Meinung, dass Nittel sich wie Rambo aufgeführt hätte. Laut Lutz Bernau hat Nittel exakt an derselben Stelle, aus dem gleichen Tempo gebremst wie zuvor, die Bernau-Leute vermuteten ihrerseits, dass in dem Moment Vrsecky wesentlich früher in die Eisen gestiegen sei, dann noch einmal die Bremse kurz gelupft habe, um denn wieder voll zu bremsen. Dass Nittel ungebremst auf Vrseckys Buggyra aufgefahren sei, wie von manchen Kommentatoren behauptet, würden die Telemetriedaten und die Videobilder eindeutig widerlegen.
Auf unserem Truckracing-VideoPortal www.truckrace.tv gibt es eine ausführliche Crashanalyse Misano mit Bildern und Originalkommentaren von Betroffenen und Beobachtern, und da sieht und hört man dann auch, wie unterschiedlich ein- und derselbe Ablauf wahrgenommen und interpretiert wird.
Unstreitig ist, es hat viel Schrott und eine sehr lange Nacht für die Mechaniker gegeben – sowohl bei Truck Sport Bernau als auch bei Buggyra.
Mehr als 30.000 Besucher waren bei herrlichem Sommerwetter gekommen, und außer kurzen Stuntshows in den Pausen sahen sie nur Truckracing, Trucks und alles was irgendwie mit Trucks zu tun hat. Es gab ansonsten tatsächlich keinerlei Rahmenprogramm auf der Piste. Im Paddock dagegen gab es ständig Action. Das MAN-Zelt war permanent belagert, ebenso das von Renault und Meritor, und wem es nicht vergönnt war, dort zu den geladenen Vips zu gehören, der schlenderte an den Zelten der Teams vorbei. Und da standen zwei Piloten klar im Mittelpunkt, zwei Deutsche übrigens, Gerd Körber und Steffi Halm. Bei „Mr. Truckracing“ war man sich nun nicht sicher, war Anlass des großen Interesses nun die Truckracing-Legende Körber selbst oder doch eher die Tatsache, dass er mit dem Schwaben-Truck-Iveco das einzige aus Italien stammende Auto im Feld fuhr.
Bei Steffi war es klar, da interessierten sich die Fans – und gerade auch die Medien – eindeutig mehr für die zierliche, junge Schwäbin mit der langen, blonden Mähne als für ihren – doch schon zugegeben – nicht mehr ganz taufrischen Mercedes-Benz. Dass sie mit ihrem RaceTruck leistungsmäßig unterlegen war, schien der Pilotin (noch) nicht soviel auszumachen. Dennoch hat sie einige erfahrenere Piloten schon hinter sich lassen können. Leider hat sie aber auch schon an ihrem ersten Truckracing-Weekend ziemliches Pech gehabt. Ein defektes Gaspedal am Samstag und am Sonntag ein quer übers Gras schießender Konkurrenten, der beim anschließenden Crash am tankpool24-Mercedes einen Plattfuß verursachte, bremsten den Vorwärtsdrang Halms. Und vor allem raubten diese Ausfälle der Newcomerin die Möglichkeit weitere Erfahrungen zu sammeln; denn lernen, lernen, lernen, das sei ihr oberstes Ziel, betonte Steffi Halm immer wieder.
Anfangs hatten wir schon betont, dass Jochen Hahn mit dem Gewinn von 60 Punkten ein Novum geschaffen hat, und so musste nun die lange Mähne von Renntruck-Konstrukteur Stefan Honens dran glauben. Wie genüsslich sich Hahn daran machte, seinem Mitarbeiter den Zopf abzuschneiden, kann man beim „Haare ab!“-Video auf www.truckrace.tv verfolgen.

Impressionen:

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