Freitag, 19.04.2024 | Deutsch | English
Der Samstag in Misano

Der Samstag in Misano

21. Mai 2011Misano - Auch wenn das Wetter an der italienischen Adria mit Temperaturen nahe 30 Grad erneut eher Urlaubsfeeling als Arbeitslust aufkommen ließ, begann am Misano World Circuit mit dem ersten Freien Training für die Truckracer der Ernst des Lebens. Und das war schon überraschend. Mit Jochen Hahn (GER), Antonio Albacete (ESP) und Uwe Nittel fuhren gleich drei MAN an die Spitze, erst dann folgten die im letzten Jahr hier so überragenden Renaults von MKR Technology mit Markus Bösiger (SUI), Markus Oestreich (GER) und Adam Lacko (CZE). Und das war kein Zufall, denn auch im zweiten Freien Training lagen die drei MAN-ler vorn, und zwischen die MKR-Renaults hatten sich nun auch noch die beiden Buggyra Freightliner-Piloten David Vsrecky (CZE) und Chris Levett (GBR) geschoben.
Für Gerd Körber (GER) war der Arbeitstag schon am Morgen zu Ende, nach nur 6 Runden mit beachtlichen Zeiten, die durchaus Hoffnungen für die Top-Ten zuließen, ereilte sein Iveco ein Turboschaden. Und wie es häufig so im Leben ist, genau dieses Teil war nicht in der Ersatzteilkiste; erst im Laufe des Abends sollte dieses Teil in Misano eintreffen. Da erging es Körbers Landsmännin Steffi Halm auf ihrem – zugegebenermaßen nicht so extrem potenten – Mercedes-Benz RaceTruck schon etwas besser. Die junge Schwäbin konnte von Anfang an mit wesentlich Truckracing-erfahreneren Kollegen, die zum Teil auch noch mehr PS unter der Haube haben, gut mithalten.
Beim ersten Zeittraining mussten dann schließlich die Karten auf den Tisch gelegt werden. Doch die Zeiten lagen so eng beieinander – die ersten Acht trennten gerade mal achtzehntel, man war sich da also immer noch nicht ganz sicher, ob nun alle schon das Letzte aus ihren Trucks herausgeholt hatten. Bei der SuperPole der Top-Ten war es dann mit dem Pokern vorbei, doch allein Hahn, Lacko und Oestreich konnten sich marginal verbessern, die meisten anderen waren zuvor sogar etwas schneller gewesen. Die Poleposition holte sich schließlich Hahn vor Lacko, Oestreich, Albacete und Nittel. Erst auf den sechsten Startplatz kam ein leicht enttäuschter Bösiger vor Vsrecky und Levett. Alex Lvov (RUS) und Mika Mäkinen (FIN) – beide auf MAN – sicherten sich die Plätze in der fünften Startreihe.
Der Start war eine sichere Angelegenheit für Polesetter Hahn, der danach einem ungefährdeten Start-Ziel-Sieg entgegenfuhr. Noch in der ersten Runde zogen Oestreich und Albacete an Lacko vorbei, und in der dritten Runde musste sich der Deutsche dann dem spanischen MAN-Piloten beugen. An der Spitze war das Rennen somit entschieden. Lacko fuhr ganz knapp hinter dem Führungstrio auf den 4. Rang, gefolgt vom einsam seine Runden drehenden Nittel. Auf der 6. Position kam schließlich Bösiger ins Ziel vor Lvov, Vrsecky und dem Franzosen Anthony Janiec (FRA). Den 10.Platz und damit letzten Punkterang holte sich Levett, der lange Zeit auf dem 6. Rang gelegen hatte, bevor ihn eine Durchfahrtsstrafe ereilte. Bemerkenswerter war jedoch die schnellste Rennrunde – eben von Levett. Der Engländer war mit 2:02,782 Min. mehr als 2 Sekunden schneller als Sieger Hahn, und lag damit um mehr als 5 Sekunden unter seiner eigenen zweitschnellsten Runde. Und diese Superzeit hatte Levett – gemäß der Aufzeichnungen – allein im dritten Sektor herausgefahren. Rundum gab es nur ungläubiges Staunen, auf die Rangfolge hatte es aber eh keinen Einfluss.
Pech hatte Steffi Halm, ein Defekt am Gaspedal zwang sie in der 6. Runde zur Aufgabe. Noch mehr Pech hatte allerdings Stuart Oliver (GBR), der schon in der ersten Kurve nach einer Rangelei mit einem völlig zerfetzten Vorderreifen mit seinem MAN von der Piste humpelte.
Im zweiten Tagesrennen gehen die acht Erstplatzierten bekanntlich in umgekehrter Reihenfolge an den Start. Vrescky hatte nun also die Pole, neben im lag Lvov, Sieger Hahn teilte sich die vierte Startreihe mit Albacete.
Erfahrungsgemäß gibt es in diesen Rennen mittlerweile auch überproportional viel „Kleinholz“, es bleibt viel, manchmal auch sehr viel Material auf der Strecke zurück. Und letzteres war eben auch diesmal der Fall. Schon in der ersten Kurvenkombination krachte es erneut recht heftig. Gleich mehrere Trucks gerieten aneinander. Zwei Renaults, Bösiger und Lacko, flogen dabei von der Piste. Während der Tscheche weiterfahren konnte, blieb der Schweizer mit gerissenem Luftschlauch liegen. Hauptsächlicher Nutznießer des Ganzen war Nittel, der sich plötzlich hinter Vrsecky auf der 2.Position wieder fand. Und der Deutsche hatte den Eindruck eindeutig schneller zu sein, als sein Teamkollege vom letzten Jahr. Eingangs der Rio-Kurve, die eigentlich aus zwei scharfen 90 Grad Kurven besteht – der Nummer 4 und 5 – versuchte Nittel mit seinem MAN innen am Buggyra vorbeizugehen. Doch auch Vrsecky nahm diese Kurve auf der eigentlichen Ideallinie und schon krachte es, aber ganz heftig. So mancher Beobachter fürchtete in dem Moment, die Trucks würden gar umkippen. Während Nittels MAN direkt liegen blieb, dümpelte der Buggyra noch einige Hundert Meter weiter. Letztendlich sahen aber beide Autos aus wie Totalschaden – zumindest für den Laien. Doch häufig ist es den Teams schon gelungen, aus vermeintlichen Wracks in mühsamer Nachtarbeit ein Siegerauto für den nächsten Tag zu zaubern.
Und so führte nun Oestreich das Feld an, hatte aber ständig Hahn und Albacete an der Stoßstange kleben. Schließlich zog Hahn an Oese vorbei mit Albacete im Gefolge. Dabei soll sich der Spanier aber durch Verlassen der Piste einen Vorteil verschafft haben – was am späteren Abend noch für diverse Irritationen sorgen sollte.
Letztendlich endete das Rennen aber zunächst einmal so, wie das erste, Hahn vor Albacete und Oestreich. Erneut auf dem undankbaren 4.Rang landete Lacko, knapp gefolgt von Lvov. Unbedrängt fuhr Janiec einen mit lautem Hupen gefeierten 6.Platz ein. Um die restlichen Punkte wurde bis zur letzten Runde hart gefightet. Schließlich holte sich ein glücklicher Jean-Pierre Blaise (BEL) vor seinem MAN-Markenkollegen Oliver mit dem 7. Rang die ersten Punkte der Saison. Auf die weiteren Punkteränge kamen Mäkinen und der Franzose Jeremy Robineau (MAN), der damit ebenfalls seinen ersten Saisonpunkt einheimste.
Gegen 20:00 Uhr gab es dann die schon im Vorfeld diskutierten neuen Resultate.
Albacete musste den Platz mit Oestreich tauschen – wegen der schon oben angesprochenen Geschichte – und Blaise tauschte mit Oliver den Platz – wegen wiederholten Wechselns der Fahrtrichtung.
Die Teamwertung ging im ersten Rennen an Cepsa-Truck Sport Lutz Bernau (Albacete / Nittel) vor MKR Technology (Bösiger / Oestreich) und MKR Team 14 Juniors (Lacko / Janiec). Im zweiten Rennen holte sich MKR Team 14 Juniors den Sieg vor MKR Technology und Cepsa-Truck Sport Lutz Bernau.
In der Gesamtwertung führt weiterhin Oestreich mit 72 Punkten vor Hahn und Albacete (jeweils 60), Nittel (47), Lacko (34), Vrsecky (28) und Bösiger (25).

Impressionen:

Der Samstag in Misano
Der Samstag in Misano
Der Samstag in Misano
Der Samstag in Misano