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Neue Felgen – und die Folgen

Neue Felgen – und die Folgen

20. Oktober 2010Ganz! aufmerksamen Beobachtern ist beim letzten Rennen der Saison am Sonntagnachmittag in Jarama vielleicht aufgefallen, dass David Vrsecky auf seinem Buggyra-Freightliner auf der Hinterachse nicht die üblichen schwarzen Felgen fuhr, sondern dort blaue montiert hatte. Und das war nicht irgendein Blau, sondern das Birds-Blau, in dem Chris Levett um die Piste kurvt. Tatsächlich war der MAN des Engländers in der Box geblieben, und Levett hatte Buggyra seine Reifen – zum Testen? – angeboten. Wie dem auch sei, für Vrsecky hat sich der Versuch gelohnt, der Tscheche gewann das Rennen überlegen. Die anderen im Feld verbliebenen Top-Piloten, die beiden MAN-ler Antonio Albacete (ESP) und Jochen Hahn (GER) hatten auf der rutschigen Piste als Dritter und Fünfter mehr als 20 bzw. 50 Sekunden Rückstand; die MKR-Piloten Markus Oestreich (GER) – wegen technischer Probleme – und Markus Bösiger (SUI) – mit Vrsecky sehr unsanft aneinander geraten – mussten ihre Renaults schon vorher parken.
Während der ganzen Saison hatte es ja immer wieder Gerüchte gegeben, dass – trotz anders lautender Statements von Hersteller und Lieferant – längst nicht alle Reifen gleich seien, oder aber nachträglich die Lauffläche behandelt worden sei. FIA-Technical-Delegate Ross Garrett sammelte am Sonntagabend einige Reifen ein, deren Mischung nun untersucht werden soll(te). Seitdem sind mehr als zwei Wochen vergangen – ohne dass irgendetwas bekannt geworden wäre.
In den letzten Jahren hatte bei keinem anderen Team der Satz „Nach der Saison ist vor der Saison“ solch eine Bedeutung wie bei Buggyra. So standen in der Regel bald nach dem Finale wieder die ersten Testfahrten auf dem Programm – zum Teil schon mit Modifikationen für die folgende Saison. Nun aber soll Levett beim Ausklang der Britischen Truckracing-Meisterschaft am letzten Oktoberwochenende in Brands Hatch mit einem Buggyra-Freightliner an den Start gehen – auch nur zum Testen, oder sind das die ersten Vorboten für einen Markenwechsel in der kommenden Saison?
Wie auch immer, das Ganze entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Schließlich sollte ja Stuart Oliver – seit jeher sind er und die Levett-Family nicht gerade die dicksten Freunde – ursprünglich in der Truck-Europameisterschaft den zweiten Freightliner des Buggyra-Teams fahren. Da man den eigentlichen Meldetermin der FIA nicht eingehalten hatte, war eine Nachmeldung erforderlich. So lange die 26 Fahrerplätze nicht vergeben sind, ist das eigentlich reine Formsache, man braucht nur die nachträgliche Zustimmung sämtlicher eingeschriebenen Teams und Fahrer. Doch das Birds-Team stimmte dem nicht zu, und so kam Uwe Nittel, der ja vor gut einem Jahr diverse Testfahrten auf dem Freightliner bestritten hatte, bei Buggyra zum Zuge. Das deutsche Rallye-As legte dann bekanntlich als Race-by-Race-Pilot eine fulminante Saison auf die Piste, dennoch wusste Nittel zum Ende des einen Rennens häufig nicht, ob er auch beim nächsten wieder hinterm Freightliner-Volant sitzen würde. Der Ruf zum Rennen kam manchmal sehr kurzfristig. Buggyra wartete offensichtlich auf einen bezahlenden Fahrer, mit einem entsprechenden Sponsorenpool im Rücken, und den könnte man jetzt mit Levett gefunden haben.
Übrigens, selbst wenn der Engländer nun in Brands Hatch seine Landsleute in Grund und Boden fahren würde, die Britische Meisterschaft ist längst entschieden – zugunsten Stuart Olivers auf seinem alten MAN.