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Jarama Vorbericht

Jarama Vorbericht

29. September 2010Ein Herzschlagfinale wird es nach der aktuellen Konstellation in Jarama wahrscheinlich ja nicht geben, dazu ist der Vorsprung des Spitzenreiters im Gesamtklassement, Antonio Albacete, mit 57 bzw. 58 Punkten vor seinen beiden Verfolgern, Markus Bösiger (SUI) und Jochen Hahn (GER), einfach zu groß. Nur gewonnen hat der spanische MAN-Pilot die Meisterschaft trotzdem noch nicht. Gerade Bösiger kann ein Liedchen davon singen, wie schnell ein vermeintlich sicheres Punktepolster beim Finale dahin schmelzen kann. Aber selbst wenn der Lokalmatador einen Komplettausfall fürs ganze Rennwochenende zu verbuchen hätte, müssten Bösiger und Hahn erst einmal die beiden ersten Tagesrennen, die mit den 20 Punkten für den Sieg, gewinnen, und in den 10-Punkte-Rennen mindestens jeweils auf den 2. Platz vorfahren. Beide sind Realisten genug, sie werden sich von Anfang an wohl mehr auf das Duell um die Vizemeisterschaft konzentrieren. Renault-Pilot Bösiger hat dabei die etwas besseren Karten, nicht nur einen Punkt mehr auf dem Konto, sondern verglichen mit seinem deutschen Rivalen auf dem schwarzen MAN auch die höhere Zahl an Siegen in den 20-Punkte-Rennen. Und dann sitzt ihnen, insbesondere Hahn, ja noch der zweite MKR-Renault zwar nicht gerade im Nacken, doch fehlen Markus Oestreich tatsächlich auch nur 42 Punkte zum 3. Rang. Und der Fuldaer hat in den letzten Rennen einen echten Lauf gehabt. Hätte Oese nicht zu Anfang das Pech an den Reifen geklebt, er würde jetzt wohl ganz kräftig vorn mitmischen.
Beinahe genauso knapp wie beim Fight um den Vizetitel geht es in der Teammeisterschaft zu. Renault-MKR Technology (Bösiger / Oestreich) liegen gerade mal 7 Pünktchen vor dem MAN-Team von Truck Sport Bernau (Albacete / Levett) – und 108 Punkte kann ein Team am Wochenende einfahren.
Einen Gewinner steht aber schon vor dem Finale fest, Uwe Nittel. Nie zuvor hat ein Race-by-Race-Pilot so viele Punkte eingefahren. Nachdem das deutsche Rallye-As sich erst einmal an die etwas rauere Gangart im Truckracing gewöhnt hatte, scheute er mit seinem Freightliner keinen Zweikampf und fuhr so auch bereits zweimal aufs Podium.
In Jarama steht Truckracing nicht nur absolut im Vordergrund, sondern gar ganz allein auf dem Programm. Noch vor wenigen Wochen hieß es, dass im Beiprogramm die Renner der MK-Interseries starten sollten – doch im aktuellen Zeitplan tauchen sie nicht mehr auf. Dafür wird jetzt den Paraden der schönsten Trucks im Lande noch mehr Aufmerksamkeit zuteil. Schließlich haben diese Korsos in Spanien keine geringere Bedeutung als die – zugegebenermaßen – etwas größeren Vorbilder vom Nürburgring und in Le Mans.
Einen Besucher wird all dies aber wahrscheinlich gerade mal peripher interessieren, insbesondere nicht mehr in dem Augenblick, wenn er sich hinters Lenkrad seines neuen Trucks schwingen darf. Jedes Jahr veranstaltet Cepsa unter seinen Großkunden eine Verlosung, Hauptgewinn ist jeweils ein Truck in dem kräftigen Rot, in dem auch Albacetes RaceTruck lackiert ist. Früher hing der Hauptgewinn immer für jedermann schon von weitem sichtbar an dem riesigen Kran in der ersten Kurve. Neuerdings ist dies aus Sicherheitsgründen nicht mehr gestattet. Der Truck kann nun vor dem Hospitality-Zelt von Cepsa allseits „begutachtet“ werden und wird dann am Sonntag seinem neuen Besitzer in einer Rennpause feierlich übergeben.
Ansonsten weiß man ja, die Fans hier brauchen kein Programm, die machen sich ihr Programm selber. Wer einmal Truckracing in Jarama erlebt hat, dem wird das ganz besonders in Erinnerung bleiben. Diese Stimmung auf den Tribünen ist einmalig. Und die Zuschauer bleiben zumeist ja auch während der ganzen Zeit auf ihren Plätzen, denn im Gegensatz zum Truck Grand Prix am Ring zum Beispiel ist der Zugang zum Paddock nur mit einem besonderen Ticket möglich. Im Sinne der Fans sicherlich nicht gerade schön, im Sinne des Veranstalters aber wahrscheinlich unerlässlich. Das Fahrerlager ist vor Jahrzehnten entstanden, da herrschten ganz andere Vorgaben, alles war da noch etwas kleiner dimensioniert. Auch wenn nun die Fahrzeuge aus dem Rahmenprogramm fehlen, sind immerhin 30 RaceTrucks am Start, das absolute Maximum für diese Strecke – am Ring liegt das Limit beispielsweise bei 26. Das Fahrerlager wird also proppenvoll sein, und da ganz Spanien ja nun mit Albacetes Titelgewinn rechnet, wird dies auch wieder ganz in Rot getaucht sein.