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Der Sonntag in Zolder

Der Sonntag in Zolder

12. September 2010Zolder - Sonntags beginnt der Renntag in Zolder immer etwas später, um zehn, da in einer Kapelle innerhalb des Renngeländes erst noch eine Messe abgehalten wird. Pünktlich zum ersten Auftritt der Truckracer begann es zu regnen. Und so wunderte es nicht, dass die Zeiten vor insgesamt mehr als 12.000 Zuschauern – trotz des miesen heutigen Tages – im Warm-Up gut 15 bis 20 Sekunden langsamer waren als gestern. Die beiden Piloten von MKR-Renault genießen den Ruf gerade auf nasser Piste nicht die schlechtesten zu sein. Doch 5 bis 6 Sekunden Vorsprung vor den anderen überraschten dann doch. Man mochte glauben, dass die Konkurrenz die Karten noch nicht aufdecken wollte. Beim anschließenden Zeittraining waren die Pistenverhältnisse noch einmal schlechter geworden. Die Renaults hatten erneut die Nase vorn, aber nun nicht mehr ganz so deutlich. Insbesondere Bösiger hatte es recht spannend gemacht und war die Sache ganz langsam angegangen. Zudem drehte er noch eine Ehrenrunde durch die Boxengasse, bevor er richtig aufdrehte. In der letzten Runde fuhr der Schweizer seine Bestzeit und hinter Oestreich auf die 2. Position. Dritter wurde der Spanier Antonio Albacete, und dann gab es mit dem Portugiesen Jose Rodrigues (beide MAN) auch schon die erste Überraschung. Titelverteidiger David Vrsecky (CZE) kam mit seinem Buggyra Freightliner auf den 5. Platz vor einer MAN-Armada mit Chris Levett (GBR), Adam Lacko (CZE), Javier Mariezcurrena (ESP), Alex Lvov (RUS) und dem Finnen Mika Mäkinen, der erstmals unter die Top-Ten fuhr.
Für den zweiten Buggyra-Piloten Uwe Nittel (GER), gestern noch auf dem Treppchen, blieb nur der undankbare 11. Rang. Noch schlimmer erwischte es seinen Landsmann Jochen Hahn. Das zweite MAN-Aushängeschild, zusammen mit Bösiger hinter Albacete auf dem 2. Platz der Gesamtwertung, landete mit 15 Sekunden Rückstand nur auf dem 18.Rang. Total verwachst nennt man so etwas bei den Skifahrern, die aufgezogenen Reifen hatten überhaupt keine Traktion. Bis zur letzten Minute fuhren die Trucks durch, die 10 Minuten Parc-Fermè-Zeit vor der SuperPole schien ungemein kurz. Hier hätten eigentlich die Piloten in der Reihenfolge des Zeittrainings auf die Piste gehen sollen. Doch offensichtlich hatte man da etwas den Überblick verloren. Bösiger focht dies aber in keinster Weise an, mit 2:11,602 Min. legte der Schweizer die absolute Bestzeit vor, Teamkollege Oestreich brauchte rund 3 Zehntel mehr. Damit war man gut 13 Sekunden langsamer als gestern, doch was diese Zeiten wert waren, zeigte sich in den wenigen Minuten danach. Der drittplatzierte Albacete war sage und schreibe 5 Sekunden langsamer – im Truckracing mehr als nur eine Welt. Neben dem Spanier lag Lacko vor Levett, Lvov, Vrsecky, Mariezcurrena, Rodrigues und Mäkinen.
Aber Überlegenheit hin oder her, das Rennen hat seine eigenen Gesetze, die häufig auch vom Defektenteufel diktiert werden. Das musste Bösiger schon direkt am Start erfahren. Bei der Einfahrt zur ersten Kurve brach eine Bremsscheibe, der Renault bremste vorn nur noch einseitig, und schon war der Schweizer um 5 Plätze zurückgefallen. An der Spitze machte nun Oestreich die Pace und zwar in wirklich überlegener Manier; an seinem Sieg herrschte eigentlich von Anfang an kein Zweifel. Am Ende hatte er 32 Sekunden Vorsprung vor Albacete. Der 3. Podiumsplatz war da wesentlich umkämpfter. Lvov war im Anfangsgetümmel nicht nur an Bösiger, sondern auch am Teamkollegen Lacko und Levett vorbeigezogen und verteidigte seine 3. Position mit aller Vehemenz gegen die von Vrsecky angeführte Verfolgergruppe. Doch plötzlich schoss nicht nur der Tscheche, sondern auch noch Levett am Russen vorbei. Der nun drittplatzierte Engländer erhielt später eine Durchfahrtsstrafe, und fiel so wieder auf den 7. Platz zurück, Vrsecky lag jetzt ziemlich unangefochten auf dem 3. Rang und brachte den auch sicher ins Ziel. Zwischenzeitlich hatte Bösiger immer wieder Lacko attackiert und schaffte es schließlich, nicht nur den Tschechen und dann auch noch Lvov zu überholen, sondern sich sogar klar von den beiden MAN-Piloten abzusetzen. Dennoch zum Angriff auf den 3. Rang von Vrsecky kam es nicht mehr. Einmal mehr machte dem Schweizer die Bremse einen Strich durch die Rechnung, sein Renault landete neben der Piste. Die beiden MAN zogen nun wieder an Bösiger vorbei, der sich schließlich mit dem 6.Platz abfinden musste. Die restlichen Punkteplätze gingen an Levett, Nittel, Mariezcurrena und Rodrigues. Hahn hatte sich zwischenzeitlich eindrucksvoll vom letzten Startplatz bis in die Punkteränge vorgekämpft, als er bei der Einfahrt in die Schikane einen Tick zu schnell war. Der Deutsche musste durch den Kies und fiel wieder weit zurück. Am Ende reichte es noch zum 12. Platz.
Der 8. Platz brachte Nittel die Pole fürs letzte Rennen, neben ihm Levett und dahinter Bösiger. Albacete und Oestreich standen in der 4. Startreihe. Schon in der ersten Kurve gerieten Nittel und Levett hart aneinander, der Engländer musste weit durchs Kiesbett. Der Deutsche fing sich dafür eine Durchfahrstrafe ein, nachdem er in der zweiten Runde nach einem heftigen Verbremser selbst noch einmal quer durchs Kiesbett gegangen und dabei nur knapp der Mauer entkommen war. Eigentlich wäre das die ideale Steilvorlage für Lacko und Lvov gewesen, doch die Piste war weiterhin ausgesprochen rutschig und die beiden MKR-Renaults erwiesen sich unter diesen Umständen haushoch überlegen. Nach 3 Runden lagen Oestreich und Bösiger klar an der Spitze und bauten ihren Vorsprung permanent aus. Wie auf Schienen zogen sie ihre Runden, kurz vor Schluss ging Bösiger noch an Oestreich vorbei, im Ziel trennten die beiden Teamkollegen gerade mal 3 Zehntel.
Und dann kam lange Zeit nichts, mehr als 50 Sekunden später schoss Lacko als Dritter über die Ziellinie. Rundenlang war der Tscheche von Albacete gejagt worden, wehrte sich aber vehement. Zum Schluss ließ der Spanier allerdings der Vernunft den Vortritt, schließlich ging es nur um einen Punkt mehr oder weniger. Vrsecky fuhr auf der 5. Position ein, vor Lvov, Hahn, Rodrigues, und den beiden Spaniern Jose Bermejo (MAN) und Mariezcurrena.
In der Gesamtwertung liegt Albacete mit 305 Punkten weiter in Führung vor Bösiger (262), Hahn (250), Oestreich (219), Vrsecky (188) und Levett (147).
In beiden Rennen ging die Teamwertung an MKR Technology (Bösiger / Oestreich). Im 1. Rennen belegte Truck Sport Bernau (Albacete / Levett) den zweiten Platz vor Team Hahn Oxxo Racing (Hahn / Birnbauer), im 2. Rennen tauschten die beiden Teams die Plätze.