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Der Sonntag in Most

Der Sonntag in Most

29. August 2010Most - In der Nacht war es richtig kalt geworden, am Morgen zeigte das Thermometer gerade noch 10 Grad an. Eher heiß dagegen waren die Diskussionen am Abend zuvor beim MKR-Technology Team. Markus Bösiger hatte wegen Overspeed eine 40-Sekunden-Zeitstrafe erhalten und war so vom 6. Platz auf den 13. zurückgefallen. Die eigenen Telemetrie-Daten sagten aber etwas ganz anderes. Für die Rennleitung entscheidend war letztendlich aber das, was das GPS-Messsystem der ERTF zeigte. Bei morgendlichen WarmUp drehte Bösiger aber wieder richtig auf und fuhr die schnellste Zeit. Wie wenig aussagekräftig dies allerdings ist, zeigte sich an der Zeit vom MKR-Teamkollegen Markus Oestreich, der 10 Sekunden langsamer war und über den 14. Platz nicht hinauskam.
„Eigentlich hätte ich auch gar nicht rausfahren müssen,“ so später ein grinsender Oese, „ich musste nur ein wenig die Bremsen einfahren. Und überhaupt, ein 100-Meter-Sprinter läuft beim Aufwärmen auch nicht gleich 10,0 Sekunden.“
Richtig ernst wurde es dann tatsächlich vor insgesamt 48.000 Zuschauern wieder im Zeittraining, und hier sah es dann auch schon ganz anders aus. Chris Levett (GBR) fuhr mit seinem MAN die schnellste Zeit gefolgt von Bösiger, Oestreich. Die derzeit im Championat führenden beiden MAN-ler Jochen Hahn (GER) und Antonio Albacete lagen rund eine Sekunde zurück. Letztendlich galt es jetzt aber auch nur unter die zehn Schnellsten für die SuperPole zu kommen, schließlich fiel hier erst die Entscheidung für die Startaufstellung.
Die weiteren Top-Ten-Plätze belegten die beiden Tschechen Adam Lacko (MAN) und David Vrsecky (Buggyra-Freightliner), Alex Lvov (RUS) auf MAN, der Franzose Anthony Janiec (Renault) und der zweite Buggyra-Pilot Uwe Nittel (GER).
In der SuperPole demonstrierte Oese wie sehr sich das „Aufwärmen der Bremsen“ gelohnt hatte. In der dritten Runde fuhr er mit 2:02,134 Min. die absolute Bestzeit. Teamkollege Bösiger brauchte über eine halbe Sekunde mehr. Damit standen die beiden MKR-Renaults – wie gestern auch schon – erneut in der ersten Startreihe. Die 2. Reihe ging an Levett und Hahn. Vrsecky und Albacete trennte auf den Plätzen 5 und 6 exakt eine Tausendstel Sekunde. Nittel hatte sich auf den 7. Startplatz verbessert, den Platz neben ihm hatte sich Lacko geholt, vor Janiec und Lvov.
Beim Start hatte – wie auch schon gestern – wieder Bösiger das bessere Ende für sich. Ebenso hatten Hahn an Levett und Albacete an Vrsecky vorbei ziehen können, gefolgt von Nittel, Lacko, Lvov und Janiec. Schnell lösten sich die beiden führenden Renault etwas von der Verfolgergruppe, die von Hahn angeführt wurde. Albacete schien aber etwas schneller als seine vor ihm fahrenden MAN-Kollegen und attackierte zunächst Levett und dann auch Hahn erfolgreich. Doch vorn waren Bösiger und Oestreich einfach zu weit enteilt, um vom Spanier noch gefährdet werden zu können. Damit waren die Podiumsplätze schon vergeben. Um zwei Zehntel konnte Hahn am Ende gegen Levett den 4. Platz verteidigen. Vrsecky war schon ganz zu Anfang wegen eines technischen Defekts ausgefallen, Teamkollege Nittel vertrat den amtierenden Europameister aber hervorragend und holte sich den 6. Platz vor einer MAN-Armada, angeführt von Lacko und Lvov sowie den beiden Spaniern Javier Mariezcurrena und Jose Bermejo, der sich mit dem 10.Platz den letzten Punkt sicherte. Überhaupt waren die Kämpfe in der zweiten Hälfte des Feldes höchst interessant und unterhaltend. Zoltan Birnbauer (HUN), Jeremy Robineau und Jean-Pierre Blaise (BEL) – alle MAN – kämpften bis zum Schluss mit Bermejo um den letzten zu vergebenden Punkt. Ebenso wenig schenkten sich in ihren jeweiligen Duellen Scania-Pilot Erwin Kleinnagelvoort (NEL) und Dominique Orsini (Mercedes-Benz) sowie Michel Bassanelli (DAF) und Olivier Bouzige (MACK), auch wenn es bei ihnen nicht mehr um Punkte, sondern allein um die Ehre ging.
Da im 2. Tagesrennen die ersten Acht in umgekehrter Reihenfolge an den Start gehen, standen die beiden Allgäuer-MAN mit Lvov und Lacko in der ersten Startreihe, vor Levett und Nittel, Hahn und Albacete sowie den beiden MKR-Piloten Oestreich und Bösiger.
Schon direkt nach dem Start schoss Levett an Lvov vorbei und hing dessen Teamkollegen Lacko beinahe auf der Stoßstange. Nur wenig später zog der Brite auch an seinem tschechischen MAN-Markenkollegen vorbei und fuhr von nun an einem ungefährdeten Sieg entgegen. Wie Levett schien auch Nittel einen Tick schneller als sein Vordermann, doch der Deutsche wollte es auch nicht unbedingt mit der Brechstange versuchen, wie er später sagte. „Von Albacete hinter mir spürte ich gar keinen Druck, und bei Lvov dachte ich mir, einfach immer nur mit knappem Abstand folgen, dann ergibt sich zwangsläufig eine Überholchance. Schließlich war ich unheimlich gut drauf und einfach schneller.“ Doch dazu kam es nicht mehr. In der 180-Grad-Kehre, ganz am anderen Ende des Autodroms, krachte der Freightliner plötzlich ganz unvermittelt auf den gelben MAN, stieg auf und fuhr noch wenige Meter auf Lvovs Truck im Huckepack weiter, bevor beide nahezu im Scheitelpunkt der Kurve im rechten Winkel zur Strecke stehen blieben. Es blieb gerade noch eine Truckbreite Asphalt für die folgenden Fahrer. Man konnte nur von Glück sagen, dass es dort nicht zu einem Kettenunfall kam.
„Entweder hat Alex zu früh gebremst oder ich zu spät. Ich war aber hoch konzentriert und in keinster Weise abgelenkt, ich glaube er hat sehr früh gebremst. Aber dennoch, ich hätte den Crash verhindern müssen,“ meinte Nittel, noch ziemlich geschockt direkt nach dem Unfall. Warum bei der Situation kein Rennabbruch erfolgte, war kaum verständlich. So oder so – die Luft war raus. War es nun besondere Vorsicht oder der Schock über den Crash, bei dem beiden Piloten nichts passiert ist, den aber alle anderen Piloten immer wieder im 2-Minutenabstand vor Augen hatten, die Trucks fuhren anschließend quasi im Gänsemarsch um die Strecke. Einzig um die Plätze neun und zehn wurde noch heftig gefightet. Im Sekundenabstand passierte das Trio Robineau, Birnbauer und Blaise schließlich die Ziellinie, wobei der Belgier sich mit dem undankbaren 11. – punktlosen – Platz zufrieden geben musste.
Hinter Levett sicherten sich Lacko und Albacete die Podiumsplätze. Auf der 4. Position kam Oestreich ein, vor Hahn, Bösiger, Vrsecky und Mariezcurrena auf dem 8. Platz.
In der Gesamtwertung liegt Albacete weiter mit 263 Punkten klar in Führung vor Hahn (227), Bösiger (221), Oestreich (171), Vrsecky (167) und Levett (143).
Der Sieg in der Teamwertung war im 1. Rennen eine klare Angelegenheit für MKR-Technology (Bösiger / Oestreich) vor Truck Sport Bernau (Albacete / Levett) und Team Hahn Oxxo Racing (Hahn / Birnbauer). Im 2. Rennen hatte dann Truck Sport Bernau die Nase vorn, MKR-Technology holte sich den 2. Platz vor Team Hahn Oxxo Racing.