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Der Samstag in Le Mans

Der Samstag in Le Mans

19. September 2009Le Mans - In der Nacht war noch ein heftiger Schauer über Le Mans niedergegangen, heute gab es schon während der Freien Trainings mehr Sonne als Wolken. Und bei Temperaturen bis zu 22 Grad blieb es dann auch erfreulicherweise den ganzen Tag trocken. Während der Freien Trainings ließen die Piloten die Katze noch nicht wirklich aus dem Sack. Über den Rigdon-Reifen schwebt zudem ja auch das Damoklesschwert – sie stehen unter Beobachtung, und falls sich einer der von den meisten Teams an der Hinterachse gefahrenen Reifen nun während der Rennen wieder auflösen sollte, muss damit gerechnet werden, dass der Einsatz von Rigdon-Reifen kurzfristig verboten wird. So testeten denn auch einzelne Piloten in beiden Läufen des Freien Trainings unterschiedliche Reifen, oder aber Teams mit mehreren Trucks ließen ihre Fahrer hinten verschiedene Reifen-Fabrikate aufziehen, eben Rigdon oder Goodyear, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Während des 1. Freien Trainings war die Piste noch ziemlich feucht, so ging man auch noch eher etwas zurückhaltender zuwerke. Eine Stunde später legten die Piloten dann schon einen Zahn zu. Die Rundenzeiten waren nicht nur plötzlich gut 6 bis 10 Sekunden schneller, die Trucks lagen auch wesentlich enger beieinander. Leader Markus Bösiger (Buggyra) aus der Schweiz und die beiden MAN-Piloten Jochen Hahn (GER) und Antonio Albacete (ESP) trennten weniger als 4 Hundertstel Sekunden.
Ganz ernst wurde es dann im Zeittraining, und wirklich ernst machte dann auch der zweite Buggyra-Pilot David Vrsecky (CZE). Im vorherigen Freien Training hatte er noch mehr als eine Sekunde Rückstand auf das Spitzentrio. Und jetzt verbesserte er sich schon in der zweiten gezeiteten Runde um rund 5 Sekunden auf 2:06,810 Min., eine Zeit die keiner seiner Kontrahenten mehr erreichen sollte. Albacete konnte sich in seiner letzten Runde noch einmal erheblich steigern, dennoch musste sich der Spanier um 2 Zehntel geschlagen geben. Den dritten Startplatz sicherte sich Bösiger vor dem englischen MAN-Piloten Chris Levett, der knappe 2 Zehntel schneller war als Hahn. Der Deutsche hatte allerdings auch von Anfang an ein erhebliches Handicap. Eine leicht ölige Flüssigkeit war vorn abgetropft, und hatte auf einem Vorderreifen einen schmierigen Film hinterlassen. Die wenigen Runden im Zeittraining reichten nicht aus, um diesen Schmierfilm wieder abzufahren.
Die Geschichte des anschließen 1. Rennens ist schnell erzählt. Vrsecky gewann den Start, Albacete folgte ihm im knappen, aber doch respektvollen Abstand ebenso wie Bösiger, der vornehmlich Hahn in Schach halten wollte. Denn der Altensteiger hatte schon beim Start an Levett vorbeiziehen können und lag von da an unangefochten auf der vierten Position. Dieses Qintett zog denn auch ungefährdet seine Kreise und fuhr in dieser Reihenfolge auch ins Ziel. Als Einzelkämpfer betätigte sich Stuart Oliver (GBR) auf der 6. Position, war er doch völlig unbedrängt von den mit etwas größerem Abstand folgenden Balazs Szobi (HUN) und Egon Allgäuer (AUT). An 9. Stelle fuhr Alexander Lvov (RUS) ein, und die Top-10 vervollständigte schließlich Race-by-Race-Pilot Dominique Lacheze (FRA), alle MAN.
Dann trat aber erst einmal die Rennkommission in Aktion. Oliver wurde wegen mehrfachen Overspeeding disqualifiziert. So rutschten Szobi, Allgäuer und Lvov um jeweils eine Position nach vorn, und Frankie Vojtisek (CZE) holte sich den letzten Punkterang, da auch der eigentlich Elftplatzierte, Vojtiseks Renault-Markenkollege Anthony Janiec (FRA) wegen Overspeeding eine Zeitstrafe erhielt.
Sieger Vrsecky hatte dann bei der Siegerehrung mit der tschechischen Fahne mehr zu kämpfen als während des ganzen Rennens mit Albacete. Irgendwie war die Flagge beim Hissen – im Gegensatz zur spanischen und Schweizer – auf halber Höhe hängen geblieben und flatterte dem Sieger anschließend ständig vor dem Gesicht herum. Aber das nahm der Buggyra-Pilot ganz locker, hatte er doch gegenüber seinem schärfsten Titelkonkurrenten Albacete nun erst einmal wieder 5 Punkte mehr auf dem Konto.
Für das anschließende 2. Tagesrennen, bei dem die acht Erstplatzierten ja in umgekehrter Reihenfolge starten, gab es eine rein gelbe erste Startreihe mit Lvov auf Pole, seinem Teamchef Allgäuer direkt daneben, und mit Szobi, Levett und Hahn lagen drei weiteren MAN-Piloten auf den weiteren Plätzen. Dann erst folgten mit Bösiger, Albacete und Vrsecky die Drei vom Podium. In dieser Saison haben schon alle Spitzenpiloten erfahren müssen, wie schwer es ist, an Allgäuer vorbeizukommen. Der frühere Europameister kennt alle Tricks und weiß auch Piloten, die eindeutig schneller sind, in Schach zu halten. Also bereitete man sich allseits auf einen aufreibenden und langen Kampf an der Spitze vor – aber es kam ganz anders. Hahn schoss am Start nach vorn und lag hinter Polesetter Lvov. Aber auch den hatte er bald passiert und schon einen relativ großen Vorsprung vor den Verfolgern. Ähnlich gut meisterte Albacete die Hürden und lag nach der ersten Runde schon an 2. Position. Lvov war mittlerweile auf den 7. Platz zurückgefallen, denn auch Allgäuer, Levett, Vrsecky und Bösiger hatten den Russen relativ mühelos passieren können. Vrsecky klemmte sich kurz danach an Levett vorbei, und in der folgenden Runde hatte der Tscheche auch den schweren Brocken Allgäuer geknackt. Das war es dann aber auch.
Anschließend gab es das Bild, das wir in dieser Saison schon einige Male gesehen haben, und diesmal bissen sich eben Levett und Bösiger die Zähne am Österreicher aus. Vorn hatte Albacete den Abstand ständig leicht verkürzen können, und nach etwa 5 Runden war es dann so weit. Der Spanier zog vorbei und einem mit gerade Mal eineinhalb Sekunden Vorsprung knappen, aber dennoch eigentlich ungefährdeten Sieg entgegen. Ebenso eng war der Abstand zum drittplatzierten Vrsecky. Auf der 4. Position kam dann tatsächlich Allgäuer ins Ziel, Levett und Bösiger hingen ihm beinahe auf der Stosstange. Lvov musste bis zum Schluss um seinen 7. Platz bangen, denn Szobi lag im Ziel nur wenige Zehntel hinter ihm. Die weiteren Punkteränge sicherten sich Lacheze und der Österreicher Markus Altenstrasser auf Renault.
In der Meisterschaft gibt es mit Vrsecky (411 Punkte) – nach dem Patt zuvor – jetzt wieder einen echten Führenden vor Albacete (408), Hahn (298), Bösiger (285), Levett (198) und Allgäuer (186).
In der Teammeisterschaft holte sich das Team Birds-Bernau (Levett / Lacheze) in beiden Rennen den dritten Platz. Das 1. Rennen gewann Buggyra (Vrsecky / Bösiger) vor Team HahnOxxo (Hahn / Szobi). Im 2. Rennen tauschten die beiden Teams die Plätze.