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TGP am Ring Drumherum

TGP am Ring Drumherum

18. Juli 2008Es war das erwartet große Festival für die Truckracer, für die Trucker, für die Industrie, für die Fans, für alle, die mit Truckracing und Nutzfahrzeugen in irgendeiner Weise verbunden sind. Und dennoch, es war schon auch anders und ungewohnt.
Wenn man in die Boxengasse trat und auf die gegenüberliegende Seite schaute – nur gähnende Leere, wo sich früher die Menschen auf den Tribünen tummelten. Die Tribünen gibt es aber nicht mehr, sondern Kräne, Kräne, Kräne und eine riesige Baustelle. Man mag es kaum glauben, dass bis zum nächsten Jahr tatsächlich alles fertig sein wird. Im Modell sieht der neue Komplex wirklich bombastisch aus, jetzt musste allerdings vielfach noch improvisiert werden.
Die Einkaufsmeile mit den ganzen Fan-Artikeln, bisher bestens direkt hinter der Haupttribüne gelegen, befand sich nun jenseits der Bundesstraße zwischen viel Grün auf dem Weg zu den Campingplätzen – für die Tagesbesucher nicht leicht zu entdecken. Das Showprogramm lief in der Mercedes-Arena und im Hatzenbach. Dort gab es auch den Go-&-Stop-Wettbewerb in alter Manier – ohne zusätzlichen Geschicklichkeitskurs, der nicht bei allen Teilnehmern gut angekommen war. Soweit von oben konnte man zwar bestens alles sehen, zumal das Ganze ja auch noch auf eine Großleinwand übertragen wurde, aber die Fans saßen einfach zu weit weg vom Geschehen. Es fehlte die überschwängliche Stimmung. Kein Vergleich mit der proppenvollen Boxengasse und den La-Ola-Wellen auf der Haupttribüne beim Go-&-Stop auf der Start- und Zielgeraden.
192.000 Besucher waren insgesamt in die Eifel geströmt – langsam nähert man sich wieder der magischen 200.000er-Marke, und so gab es denn manchmal im Fahrerlager und Industriepark kaum mehr ein Durchkommen. Die Industrie, die Sponsoren und die Teams waren mit der Resonanz durchweg zufrieden. Vor allem aus dem Sponsorenbereich war alles da, was Rang und Namen hat, und das tat vor allem einem gut, der von Fans zudem auch noch zum beliebtesten Truckracer gekürt wurde, Jochen Hahn. Der Schwabe hat nach der langjährigen Liaison mit Mercedes-Benz in seinem ersten Jahr ohne Stern eine harte erste Saisonhälfte hinter sich. Mit dem bisher Erreichten war er eigentlich nicht unbedingt zufrieden, der gute 4. Platz in der Gesamtwertung täuschte einfach etwas über die wahren Kräfteverhältnisse hinweg. Die beiden Buggyras waren meistens eine Klasse für sich, wenn sie den Start unbeschadet überstanden und sich nicht mit technischen Problemen rumschlagen mussten. Zu Antonio Albacete als bestem MAN-ler war Hahns Abstand größer als erwartet und beim Marken- und Koller + Schwemmer-Teamkollegen Jean-Philippe Belloc hatte der Schwabe oft den Eindruck, der Franzose sei einen Tick schneller als er selbst. Und dann diese enorme Leistungssteigerung hier am Ring, vor den Augen genau all derer, die es zu überzeugen galt. Nicht nur dass Hahn mit Abstand bester Nicht-Buggyra-Pilot war, auch zu den Freightlinern aus Tschechien blieb er auf Tuchfühlung. Der Deutsche lag – insbesondere am zweiten Tag – im Ziel nur noch ganz knapp hinter den blauen RaceTrucks. Jetzt hofft das Hahn-Team auf mehr, schließlich hätten die Tage am Ring gezeigt, dass man auf dem richtigen Weg sei, so Jochen Hahn.
Einer der beiden Buggyra-Piloten schickte sich an, mit vier Siegen zum König des diesjährigen TGP zu avancieren, Titelverteidiger Markus Bösiger. Da ereilte ihn das Schicksal einer Durchfahrtsstrafe durch die Boxengasse, weil er vor dem fliegenden Start zu schnell gewesen sei. Den Schweizer warf das auf den 5.Platz zurück und das kostete ihn nicht nur 12 Punkte in der Meisterschaft, sondern auch den Titel des International Truck Master Germany. Dabei gab Bösiger an, exakt nach seinen Instrumenten gefahren zu sein. Die Auswertung der Telemetriedaten belegen nach Angaben der Buggyra-Techniker denn auch, dass ihre beiden Piloten zum Zeitpunkt, als die Ampel auf Grün sprang – als also Vollgas gegeben wurde – exakt 62 km/h fuhren. 70 wären zulässig gewesen. Bis dato hatte es solch eine Situation noch nicht gegeben, und so galt denn die Strafe für Bösiger bei vielen Beobachtern auch als höchst umstritten.
Das GPS-System scheint letztendlich doch zu ungenau und vor allem zu langsam, um die extreme Beschleunigung der RaceTrucks in der Startphase überhaupt exakt erfassen zu können. Bei nur 4 Messungen pro Sekunde hinken die Messergebnisse bei dem enormen Tempozuwachs in der Startphase einfach hinterher. Möglicherweise sind hier die Toleranzgrenzen zu eng.
Es gab auch kein offizielles Statement mit exakten Zahlen. Bei Buggyra sprach man davon, es sei von 70,02 km/h die Rede gewesen – deshalb war man da ja auch so erbost, auf der Pressestelle hieß es, man habe gehört „70,2 km/h“, andere sagten etwas von 72 km/h, und die, die sich nicht genau festlegen wollten, sprachen einfach von einer „erheblichen“ Überschreitung des vorgeschriebenen Tempos.
Durch den Ausfall des Rennens in Donington hat man nach dem TGP nun eine siebenwöchige Rennpause, in der ja vielleicht ein allen Beteiligten genehmer Modus Vivendi gefunden werden könnte.