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Der Sonntag in Albacete

08. Juni 2008Albacete - Wenig freundlich zeigte sich der völlig zugezogene Himmel am heutigen Morgen, zudem pfiff noch ein recht kalter Wind durchs Paddock. Im Laufe des Tages lugte zwar immer wieder die Sonne etwas durch die Wolkendecke, doch eigentlich hatten die Wetterfrösche für den Sonntag doch strahlenden Sonnenschein vorhergesagt. Doch da ahnte man ja noch nicht, was zum letzten Rennen des Tages noch über die Truckracer hereinbrechen sollte. Zunächst aber noch ein nachtrag zum Samstag. Die Stewards hatten am Abend mehr als drei Stunden Videomaterial gesichtet und – wie schon im Samstagsreport erwähnt – 10 Piloten zum Rapport vorgeladen. Kurzfristig hatte es die Runde gemacht, Antonio Albacete drohe wegen seiner Attacke auf David Vrsecky eine Zeitstrafe. Schließlich gab es dann als Ergebnis unendlicher Diskussionen aber nur Ermahnungen an alle Beteiligten und die Disqualifikationen der beiden MAN Piloten Stuart Oliver und Mikhail Konovalov. Die insgesamt knapp über 20.000 Zuschauer waren eh hauptsächlich darauf eingestellt, ihren Antonio zu feiern. Und das konnten sie dann schon ausgiebig im Zeittraining. Während Titelverteidiger Markus Bösiger anfangs noch nicht recht in die Puschen kam, fand der Spanier schon in der zweiten Runde perfekte Bedingungen vor und legte mit 1:53,968 Min. auch gleich die Bestzeit des Wochenendes auf die Piste. Bereits nach wenigen Minuten musste das Zeittraining jedoch unterbrochen werden, da ein Truck eine riesige Dieselspur auf dem Asphalt hinterlassen hatte. Nachdem die Piste wieder frei gegeben worden war, war allerdings die Luft raus. Niemand erreichte auch nur noch annähernd seine Zeiten aus den ersten Runden. So ergab sich dann für das Quali-Race folgende Startaufstellung: Albacete (MAN) auf der Pole, gefolgt von David Vrsecky (Freightliner), Jean-Philipp Belloc (MAN), Bösiger (Freightliner), Jochen Hahn und Egon Allgäuer (beide MAN).
Beim Start ging es anschließend relativ gesittet zu – bis zur ersten Kurve. Insbesondere Belloc und Bösiger gerieten heftig aneinander – mit fatalen Folgen für beide Piloten. Der Schweizer schaffte nur noch wenige Meter und blieb dann mit einer völlig demolierten Felge und plattem Vorderreifen in einer weitläufigen Auslaufzone stehen. Belloc schleppte sich noch zwei Runden weiter und ging dann in die Box. So blieben allein Vrsecky und Hahn als einzig ernsthafte Konkurrenten für Albacete. Doch der Deutsche konnte nicht ganz das Tempo von der beiden anderen mitgehen, und fuhr schließlich einen ziemlich sicheren dritten Platz ein vor Allgäuer, den beiden Renaultpiloten Markus Altenstrasser und Frankie Vojtisek sowie den MAN-lern Oliver, Dominique Lacheze, Balazs Szobi und Konovalov. Vrsecky klemmte während des ganzen Rennens mal hinter und auch mal vor Albacete, und oft sah es so aus, als gebe es schließlich eine ähnliche Attacke wie am Vortag – nur mit umgekehrten Vorzeichen, Vrsecky gegen Albacete. Doch der Tscheche hielt sich zurück, und so passierte der Spanier schließlich mit knappem Vorsprung als erster die Ziellinie.
Direkt nach dem Rennen zogen dann zwei Miragejets ihre mit viel Lärm verbundene Flugshow ab. Doch insbesondere die Mechaniker Bösigers stand der Sinn gar nicht danach, nur mit schwerem Gerät gelang es ihnen, überhaupt die Felge von der Achse zu lösen. Und pünktlich zum abschließenden Championship-Race kam es dann ganz dicke, ein Gewitter mit gewaltigen Wassermassen. Wie in solchen Fällen üblich ließ man die Trucks zunächst zwei Einführungsrunden drehen. Begleitet von Blitz und Donner regnete es heftig weiter. Albacete verteidigte souverän seine Führung, da Vrsecky eine eher vorsichtige Fahrweise an den Tag legte, konnte sich der Lokalmatador vor den sichtbaren gelichteten Tribünen leicht von seinen Verfolgern absetzen. Währenddessen setzte Bösiger an, das Feld von hinten aufzurollen. Innerhalb von 6 Runden hatte der Schweizer 17 Konkurrenten stehen lassen können, bis er auf Altenstrasser traf. Vier Runden lang versuchte der Buggyra-Freightliner-Pilot am Österreicher vorbeizukommen, und als er es gerade geschafft hatte und zum Angriff auf den zweiten Renaultpiloten, Vojtisek, ansetzen wollte, wurde das Rennen drei Runden vor Schluss abgebrochen. Beim letzten Zieldurchlauf vor dem Abbruch lag der Schweizer allerdings noch wenige Zehntel hinter Altenstrasser und musste sich schließlich doch mit dem 8. Platz vor Szobi und Anthony Janiec (Renault) zufrieden geben. Auch an der Spitze hatte sich noch etwas getan. Zwei Runden vor dem plötzlichen Ende drehte Vrsecky gleich eine mehrfache Pirouette, Hahn zog vorbei und holte sich hinter Albacete seinen ersten Podiumsplatz der Saison. Hinter Vrsecky fuhr Allgäuer auf der 4. Position ein vor Oliver und Vojtisek. Die Teamwertung ging an das Koller + Schwemmer-Team (Hahn/Belloc) vor Buggyra (Bösiger/Vrsecky) und Team Frankie (Vojtisek/Altenstrasser).
Durch sein heutiges Missgeschick hat Bösiger (123 Punkte) in der Gesamtwertung nicht nur wieder an Vrsecky (134) abgeben müssen, auch Albacete (131) konnte am Schweizer vorbeiziehen, ebenso wie Hahn (92) Belloc (84) passieren konnte.
Das Unwetter verursachte anschließend noch wirklich chaotische Verhältnisse. Immer wieder gab kurze Stromausfälle, zudem war es lange nicht möglich, das Fahrerlager überhaupt zu verlassen. Der Zufahrtstunnel stand einen Meter hoch unter Wasser, und es dauerte eine gehörige Zeit, bis man eine über die Rennpiste führende Notausfahrt geöffnet hatte. Doch auch die Straßen in und um Albacete waren zum Teil völlig überflutet, sodass man auch kaum mehr weiterkam, wenn man erst einmal die Rennstrecke hatte verlassen können.