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Testtage in Nogaro

Testtage in Nogaro

15. März 2007Nogaro - Nun schon zum zweiten Mal treffen sich kurz vor Saisonbeginn beinahe sämtliche Spitzenteams der FIA European Truck Racing Championship zu ausführlichen Testfahrten im südfranzösischen Nogaro. Einzig die Freightliner von Buggyra werden vermisst. Doch das tschechische Team um Markus Bösiger und David Vrsecky verzichtete auf die doch recht beschwerliche Anfahrt von rund 1.800 KM in die Gascogne und zieht es vor, beinahe zeitgleich auf der nur 90 Km vom Firmenstandort Roudnice entfernten Rennstrecke von Most zu testen. So sieht sich Mercedes-Benz-Pilot Jochen Hahn allein einer beinahe übermächtig erscheinenden MAN-Armada gegenüber. Und dabei gibt der Altensteiger ein ausgesprochen gutes Bild ab mit Rundenzeiten, die schon jetzt weit besser sind als die Spitzenzeiten aus dem letztjährigen Zeittraining. Aber wie meinte Jochen Hahn doch mit einem netten Gruß an seinen Freund Mario „Es ist eh alles nur Bluff.“
Tatsächlich geht es hier aber nicht ums Bluffen, es wird hart gearbeitet. Nicht umsonst ist das MAN-Service-Team personell so stark besetzt wie selten zuvor. Der neue Common-Rail-Rennmotor ist bisher nur auf dem Prüfstand gelaufen, und in Nogaro wird wieder einmal deutlich, in der Praxis gibt es keinen echten Ersatz für richtig schnelle Runden auf der Piste. Doch dazu braucht man auch Zeit, und Zeit steht kaum mehr zur Verfügung, denn in etwas mehr als zwei Wochen steht mit der Saisoneröffnung in Barcelona der erste Ernstfall an.
So wäre es nicht verwunderlich, wenn in Barcelona statt der Piloten mit dem neuen Motor, Antonio Albacete, Gerd Körber und Chris Levett, erst einmal andere MAN-Fahrer wie Egon Allgäuer und Jean-Philippe Belloc, die mit dem ausgereiften letztjährigen Motor unterwegs sind, ganz vorne stehen. Insbesondere der Franzose Belloc fährt in Nogaro Zeiten, von denen mancher Beobachter sich höchst beeindruckt zeigt.
Die Fahrer mit den neuen Motoren stehen dem im Einzelnen zwar nicht wesentlich nach, doch in der Gesamtheit scheint die MAN-Crew noch nicht so recht zufrieden.
Jochen Hahn betrachtet das alles als ganz unspektakulär und geht auch davon aus, dass seine Konkurrenten das eine oder andere vorhandene Problemchen schnellstens in den Griff kriegen. Er bemüht sich derzeit vor allem um die Optimierung des Set-Up seines neuen Trucks, bei Motor und Getriebe verlässt er sich vornehmlich auf die Spezialisten von Mercedes-Benz. Hier baut man erst einmal auf Bewährtes, mit dem Mercedes gegen Ende der letzten Saison insbesondere beim Finale in Le Mans so mächtig auftrumpfte.
Im Übrigen dauern die Tests auch noch den morgigen Freitag über an, und abgerechnet wird eh erst zum Schluss.
In Nogaro hatte FIA-Technik-Chef Fabien Calvet eine – wenn auch nur vorläufige – Fahrerliste mit 23 Piloten dabei, darauf ist der Hahn-Truck tatsächlich der einzig aussichtsreiche Mercedes. Zwar haben zwei Privatiers noch weitere Mercedes-Trucks – aber eben nicht gerade der neuesten Generation – gemeldet, und so ist es nicht unbedingt zu erwarten, dass diese Trucks tatsächlich bis in die Punkteränge vorfahren.
Überraschungen gibt es derzeit nicht auf der Liste, außer dass man den einen oder anderen großen Namen vielleicht vermisst, dafür kehrt aber ein anderer Großer ins Truckracing zurück, der Europameister von 2004, Stuart Oliver. Der Engländer hat das Equipment von Alain Buffa erworben, und nachdem nun mit MAN wohl auch der Leasingvertrag über Motor und Antriebsstrang unter Dach und Fach ist, steht einem Comeback des „Alt“meisters nichts mehr im Wege.
Wie schon in unserer kleinen Vorschau vom 12.3. angekündigt tut sich in Nogaro selbst auch eine ganze Menge. Die neuen Boxen und Presseräume stehen zwar noch nicht zur Verfügung – die Handwerker haben dort noch das Kommando – doch was man sieht, und was Präsident André Divies so schildert, lässt Großes erwarten. Alles ist ausgesprochen großzügig gestaltet, zwischen dem, was es bisher in Nogaro gab, und dem, was es künftig geben wird, liegen Welten. Allein im Pressezentrum stehen rund 100 Arbeitsplätze zu Verfügung, mit einer Vollverglasung zur Piste hin, wodurch man einen ungehinderten Blick über beinahe die komplette Piste hat. Die Boxen können mit denen der F1-Rennstrecken bestens mithalten, und auch die Boxengasse bietet ganz andere Möglichkeiten und strahlt ein ganz anderes Flair aus. Beherrscht wird das Bild von einem alles überragenden RaceTower, von dem der RaceDirector künftig das ganze Renngeschehen bestens im Blick haben wird.