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Jarama Drumherum

Jarama Drumherum

06. Oktober 2006Rund 46.000 Truckracing-Fans schienen noch mehr aufgeputscht als in den Jahren zuvor. All denen, die Dauerhuptöne aus Tausenden von kleinen Pressluftflaschen in einer Lautstärke jenseits der Schmerzgrenze nicht als pure Lust empfinden, sei geraten, das Spektakel auf den Tribünen in der Farina-Kehre nur aus gesicherter Entfernung zu betrachten. Und wenn sich dann noch einzelne Gruppen Wettbewerbe liefern, wer denn nun den geräuschvolleren Kettensägenmotor haben könnte, geht das doch weit über das Vorstellungsvermögen eines normalen Truckracingfans hinaus. Man kann es nicht beschreiben, man muss es einfach mal erlebt haben. Und die Fans in der Farinakehre sind nur die Spitze des Eisbergs, denn diese Euphorie herrscht eigentlich an jeder etwas spektakuläreren Stelle des Circuito del Jarama, und davon gibt es eine ganze Menge.
Diese Atmosphäre und die höchst anspruchsvolle Streckenführung mit dem ständigen Auf und Ab und den extrem engen Kurven ist es denn ja auch, weshalb beinahe jeder Pilot Jarama zu seinen Lieblingsstrecken zählt. Denn ansonsten gibt es immer wieder eine ganze Reihe von weniger schönen Knackpunkten. Im Fahrerlager geht es etwas beengt zu, Teams sowie Industrie- und Cateringzelte, die im hinteren Teil des Paddocks untergebracht sind, sind weit ab vom eigentlichen Geschehen und finden kaum Beachtung. Die Gebäude und Boxen entsprechen einem Standard, der nicht mehr unbedingt up to date ist.
Andererseits bewegt man sich mit dem bereits seit dem letzten Jahr im Pressesaal betriebenen Funknetz mit kostenlosen Internet, das sogar in einem kleinen Bereich des Fahrerlagers noch nutzbar ist, auf einem Level, dem auch die beiden aktuellen F1-Strecken im Truckracing, Barcelona und Nürburgring, nichts entgegen zu setzen haben.
Dass dann aber erneut die Medienvertreter wegen der Fahrer-Briefings ihre Arbeitsplätze räumen mussten – wie bei einigen anderen Rennstrecken übrigens auch – sorgte nicht nur in Jarama für Verärgerung. Einen entsprechenden Passus, der den Ausschluss der Medien fordert, gibt es im FIA-Reglement offensichtlich nicht. In Misano, dessen Pressecenter erheblich kleiner ist als das in Jarama, wird bisher kein Journalist an seinem Weiterarbeiten gehindert. In Zolder, wo ein gesonderter Briefingraum zur Verfügung steht, wie es eigentlich auch Standard sein sollte, war zuletzt gar das TV-Team dabei. So wurde das immer wieder seitens der FIA-Offiziellen vorgebrachte Argument, das Briefing sei nur für die Fahrer bestimmt, direkt ad absurdum geführt. Zumal die Piloten mancher Teams von einem ganzen Tross begleitet werden, zu dem auch der eine oder andere teamangehörige Pressevertreter gehört.
Sportlicherseits drehten sich die Diskussionen vornehmlich um den Start zum Cup-Race am Samstag. Sowohl Pole-Setter Markus Oestreich als auch der ebenfalls aus der ersten Reihe gestartete Gerd Körber machten ebenso wie ein Großteil vornehmlich neutraler Beobachter keinen Hehl daraus, dass ihrer Ansicht nach Antonio Albacete einen eindeutigen Fehlstart auf den Asphalt gelegt habe. Einen unangenehmen Beigeschmack erhielt die Angelegenheit dadurch, dass keinerlei verwertbare Videoaufnahmen zur Verfügung standen. Die Offiziellen gaben schließlich an, nichts gesehen zu haben.
Andererseits wurde von einigen Fahrern am Sonntag bemerkt, dass der Marshall, der an der Boxenmauer zeitgleich mit dem Umspringen der Startampel die grüne Flagge schwenken sollte, seiner Zeit offensichtlich immer einige Sekunden voraus war, möglicherweise ja auch schon am Samstag. Und dann würde der „Blitzstart“ von Antonio Albacete in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Sicherlich hätte der Kampf um die Meisterschaft bei 10 bis 15 Punkten – bei einer eventuellen Drive-Through-Strafe – oder gar 20 Punkten weniger für Albacete – bei einer möglichen Disqualifikation – einen wesentlich höheren Spannungswert. Dass sich die Mercedes-Piloten beim Sonntags-Cup dann bei einem unglaublichen Crash aller realistischen Titelchancen selbst beraubten, wobei ihr aussichtsreichster Kandidat gar als Pole-Setter und klarer Favorit ins Rennen gegangen war, kam dem Titelverteidiger dann natürlich noch zusätzlich entgegen.
Allerdings weiß man auch sowohl bei Cepsa als auch in der Bernau-Crew, wie schnell sich das Glück wenden kann. Nach seiner Bestzeit im ersten Zeittraining war David Vrsecky froh nach einem massiven Motorproblem in der letzten Runde im Quali-Race noch als Zehnter über die Ziellinie gerollt zu sein. Wegen der Disqualifikation von Jochen Hahn sprang letztendlich dann noch der 9. Platz heraus. Für eine Reparatur bis zum Cup-Race reichte die Zeit nicht mehr, und danach lief bei Buggyra eigentlich alles schief. Am Sonntagmorgen der nächste Schaden, sodass man sich nun zum kompletten Motorwechsel entschloss, um zumindest beim letzten Rennen wieder dabei zu sein. Doch auch bei diesen schon x-mal absolvierten Handgriffen lief nicht alles nach Plan, und schon hatte sich auch das Cup-race erledigt. Der Tscheche, der in Most noch zu den Titelaspiranten zählte, musste sich in Jarama mit zwei Pünktchen zufrieden geben.
Der Eurosport-TV-Report wird um eine Woche versetzt am Dienstag dem 10.Oktober um 23:00 Uhr gesendet. Am Freitagmorgen, 13.10., wird der Bericht um 8:30 wiederholt.