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Der Sonntag in Albacete

Der Sonntag in Albacete

04. Juni 2006Albacete - Ein wolkenloser Himmel und die Aussichten auf Siege Antonio Albacetes (MAN) in der Stadt gleichen Namens - der stammt allerdings tatsächlich aus Madrid - ließen insgesamt mehr als 20.000 Zuschauer an die Rennstrecke strömen. Schon am frühen Morgen gab es lange Schlangen an den wenigen schmalen Eingangstoren. Bereits im Warm-Up warteten die Piloten mit Rundenzeiten auf, die für das Zeittraining einiges erwarten ließen. Und tatsächlich legten die Spitzenfahrer anschließend Zeiten auf die Piste, die am Vortag auch nicht nur annähernd erreicht worden waren. Markus Oestreich (Mercedes-Benz) und Gerd Körber (Freightliner) unterboten mit 1:56,454 und 1:56,513 deutlich die magische 1:57-Marke, die am Samstag auch nicht nur annähernd erreicht worden war. Auffällig war auch, dass die meisten Piloten ihre Bestzeit schon in der ersten gezeiteten Runde erzielten. Den dritten Startplatz sicherte sich Albacete vor David Vrsecky (Freightliner), Jochen Hahn (Mercedes-Benz), Adam Lacko (MAN) und Markus Bösiger (MAN).<br />
Das folgende Quali-Race verlief beinahe sensationell. Zunächst übernahm Polesetter Oestreich die Führung. Albacete setzte alles daran Körber von der zweiten Position zu verdrängen. In der ersten Rechtskurve setzte er sich innen neben den Deutschen, der immer weiter nach Außen gedrückt wurde. In der anschließenden Schikane musste der Buggyra-Pilot voll durchs Kiesbett ziehen, wollte er eine Kollision vermeiden. Dabei verlor er allerdings keinen Platz. Albacete verpasste bei der Anfahrt zu der extremen 180 Grad Rechtskehre den richtigen Bremspunkt, landete abseits der Piste und fiel bis auf Platz 7 zurück. Eine Runde später geriet er an der gleichen Stelle weit ins Kiesbett, dümpelte langsam übers Gras während beinahe das komplette Feld an dem roten MAN vorbeischoss. Als der Spanier auf die Piste zurückkam und immer noch kein Speed aufnahm, war klar, da musste ein Defekt vorliegen. Tatsächlich kroch Albacete anschließend nur noch über die Strecke und beendete das Rennen nach nur zwei Runden mit einem Kupplungsschaden. Oestreich schien sich etwas von seinen Verfolgern lösen zu können. Auch Körber hatte etwas Abstand zu den beiden Kampfhähne Vrsecky und Hahn gewonnen. Rundenlang fighteten die Beiden um den dritten Platz. Als sie dann zum sechsten Mal die schon häufiger erwähnte 180 Grad-Kehre ansteuerten, verbremste sich Vrsecky leicht, Hahn schoss sofort innen vorbei und lag nun sicher auf Rang 3. Der aufregendste Teil des Rennens sollte aber noch folgen. <br />
Das Führungstrio hatten schon einige andere Piloten überrundet, als es eine halbe Runde vor der Zieldurchfahrt auf den Mercedes-Piloten Roman Huertas stieß. Mehrfach war dem Spanier schon von den Marshalls mit blauen Flaggen die anstehende Überrundung signalisiert worden. Oese hatte schon heftig Tempo wegnehmen müssen, selbst der viertplatzierte Vrsecky hatte wieder aufschließen können. In einer Kurve wollte der Deutsche auf der Innenbahn endlich am Spanier vorbeigehen, als auch der plötzlich nach innen zog und Oese zum starken Abbremsen zwang. Körber, Hahn und auch noch Vrsecky nutzten die Gunst der Sekunde. Ohne auch nur etwas an Tempo zu verlieren, überholten sie die beiden Kontrahenten über die Außenbahn. Oestreich schaffte es zwar noch ganz kurz vor der Ziellinie, Vrsecky wieder einzuholen, doch der sicher geglaubte Sieg war ebenso dahin wie die Pole fürs Cup-Race. Da nutzte es auch niemandem, dass Roman Huertas anschließend disqualifiziert wurde.<br />
Acht lange Runden klebten Lacko und Bösiger wie Kletten aneinander, es ging dabei um den 5.Platz. Alle Angriffsversuche des Schweizers wusste der junge Tscheche aber erfolgreich zu parieren, und so musste sich Bösiger schließlich um 4 Zehntel geschlagen mit dem 6. Rang zufrieden geben. Die weiteren Punkteränge gingen in einer ungeheuren Markenvielfalt an Frankie Vojtisek (Renault), Niko Pulic (Mercedes-Benz), Markus Altenstrasser (MAN) und Ross Garrett (Foden). <br />
Das abschließende Cup-Race gestaltete sich nicht minder spannend, anschließend dauerte es auch noch Stunden bis das endgültige Ergebnis endlich feststand. Aber der Reihe nach. Körber nutzte seine Pole und ging gleich in Führung, Hahn und Oestreich hinter her. Schnell hatte sich das Führungstrio leicht abgesetzt, auf den weiteren Positionen folgten Vrsecky, Lacko und Bösiger. Aus der letzten Startreihe ging Albacete ins Rennen. Furios sauste der Spanier durch die Reihen der langsameren Vorderleute, hatte nach 2 Runden schon 13 Positionen gut gemacht und stieß dann auf die, die größeren Widerstand leisteten. Währenddessen hatte an der Spitze Oese leicht den Anschluss verloren, während Hahn permanente Angriffsversuche auf Körber startete. Sieben Runden währte nun schon dieses spannende Duell, bis in der Rechtskurve nach dem Start die beiden Führenden hart aneinander gerieten. Hahn kam fast zum Stand, Körber hing quer auf der Piste und Oestreich zwischen den Beiden. Gemeinsam nahm man wieder Fahrt auf, Hahn hatte aber seine zweite Position an Oese abtreten müssen. So fuhr das Trio schließlich auch durchs Ziel, wie schon am Vortag gab es ein rein deutsches Podium. Noch dramatischer ging es aber bei den Kämpfen um die übrigen Plätze zu. Bösiger jagte nach rundenlangen Versuchen Vrsecky schließlich doch noch den vierten Platz ab und schaffte damit das beste Ergebnis der diesjährigen Saison. Albacete war in seinem Vorwärtsdrang zwar gebremst, aber nicht gestoppt. Nachdem er endlich Ross Garrett und Frankie Vojtisek passiert hatte, lief der Spanier auf Adam Lacko auf. Und diese Konstellation bescherte den Offiziellen und den Medienvertretern einen langen Abend.<br />
Über fünf Runden versuchte Albacete vergeblich an Lacko vorbeizukommen. In der vorletzten Runde holte der amtierende Europameister den großen Hammer raus und schob den jungen Tschechen kurz von der Piste. Unter dem Jubel seiner Fans setzte Albacete dann auch noch zum Angriff auf Vrsecky an, musste sich schließlich aber um nicht einmal 3 Zehntel geschlagen geben. Knapp dahinter folgte Lacko. In der Auslaufrunde knallte der Tscheche dem Cepsa-MAN dann voll ins Heck, und im Parc-Fermé gab es dann die dritte Begegnung der beiden Kontrahenten. Lacko parkte Albacetes Truck so zu, dass der Spanier nur noch mühsam über die Beifahrertür aussteigen konnte.<br />
Erst knapp 4 Stunden nach dem Rennende gab es dann ein offizielles Ergebnis, zuvor aber ein Gerücht nach dem anderen. Bei der Sitzung der Rennkommission zusammen mit den Beteiligten und deren Teammanager sind die Fetzen wohl kräftig geflogen und auch einige harte Worte gewechselt worden. Zum Schluss wurde Adam Lacko wegen unsportlichen Verhaltens von beiden Rennen des Tages ausgeschlossen, wobei seine Position im Quali-Race allerdings nicht durch Nachrücker belegt wurde, sondern frei blieb. So etwas hatte bisher nicht gegeben. Albacete erhielt eine Zeitstrafe von 25 Sekunden und fiel damit aus den Punkterängen. So übernahm Gerd Körber mit nun 129 Punkten die Führung in der Gesamtwertung vor Albacete (126), Hahn (123) und Oestreich (102).