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Crash as Crash can

Crash as Crash can

20. Februar 2006Das scheint die Vorstellung vom Truckracing zu sein, die einschlägige TV-Sendungen ihren Zuschauern vom Truckracing zu vermitteln versuchen. Tatsächlich sind manche Besucher, die zum ersten Mal ein Truckrennen besuchen, überrascht, wie „hart“ es da zur Sache geht. Andere wiederum, die vom Truckracing bis dato nichts außer spektakuläre RaceTruck-Crashs in eben diesen Fernsehsendungen gesehen hatten, zeigen sicher eher leicht enttäuscht. In ihren Vorstellungen schien ein Truckrace so etwas wie ein Stock-Car-Rennen mit LKWs. An Stock-Cars erinnert vielleicht in gewisser Weise die außerordentliche Sicherheit der RaceTrucks, die Rennen selbst sind aber Sprintrennen auf höchstem Niveau. Und weil das einzelne Rennen in rund 20 Minuten oder noch weniger zu Ende ist, bieten sich auch kaum Möglichkeiten zu großartigen taktischen Überlegungen. Die Piloten müssen von Beginn an jede sich bietende Chance nutzen, an die Spitze zu fahren und sich dort zu behaupten. Und genau dann ergeben sich diese spektakulären Szenen, die die Fans aus ihren Sitzen schnellen und vor Begeisterung schreien und johlen lassen. Denn selbst wenn es noch so kracht und scheppert, nicht nur den Fahrern passiert in der Regel nichts, sogar mit auch eher einem Wrack ähnelnden RaceTrucks haben sie durchaus noch Chancen, um Podiumsplätze mitzufighten. Schließlich lässt sich so ein knapp 5 Tonnen schwerer Koloss aus Stahl und Eisen selbst bei Tempo 160 nicht durch Schupser solcherart, die bei einem filigranen F1-Rennen schon für einen Totalschaden sorgen würden, aus der Bahn werfen. Schlimmstenfalls verliert man mal ein paar Plastik- oder Blechteile. <br />
Und wenn es dann einen RaceTruck mal so hart erwischt, dass er in Boxenmauern kracht oder vielleicht gar mehrere Salti Mortale auf der Piste absolviert, so wie Jordi Gene 1998 in Jarama oder Jochen Hahn 2002 in Zolder, dann steigen die Fahrer nahezu unversehrt aus ihren Wracks und würden am liebsten gleich wieder ins Rennen gehen, wenn ihr Fahrzeug es denn zuließe. <br />
Eine der wohl spektakulärsten und schließlich auch folgenschwersten Unfallserien im FIA European Truck Racing Cup gab es beim 1.Quali-Race in Jarama 2005.<br />
Schon in der ersten scharfen und engen Linkskurve gerieten nur wenige hundert Meter nach dem Start einige Trucks aus der Spitzengruppe derart heftig aneinander, dass einzelne Kolosse sich um die eigene Achse drehten, Metallteile durch die Gegend flogen und mancher Pilot nur noch sein Heil in der Flucht durchs Grün fand. Doch auch das war nur von Sekundendauer, denn direkt danach ging es in die beinahe 180 Grad Rechtskehre, und da krachte es noch heftiger – siehe Foto oben.<br />
Zwar konnten nun nicht mehr alle Trucks ihre Fahrt fortsetzen, doch keinem Piloten wurde auch nur ein Haar gekrümmt.<br />
Dennoch war all dies nichts im Vergleich zu dem, was sich gerade Mal eineinhalb Minuten später zu Beginn der zweiten Runde in der Startkurve ereignete. Nach einer eigentlich nur leichten Touchierung geriet der Phönix-MAN von Manuel Gozalo völlig außer Kontrolle, raste ungebremst weiter ins lange Kiesbett, hoppelte dort einige Male, statt sich in dem möglicherweise viel zu festem Kies einzugraben, kippte dann zur Seite und überschlug sich mehrfach, bis er letztendlich einen seinem Namen nicht gerecht werdenden Fangzaun niederwalzte. Der Truck war nur noch ein Haufen Eisen und Blech, Beobachter befürchteten das Schlimmste. Es dauerte Ewigkeiten bis der Pilot geborgen werden konnte. Angesichts all dieser Umstände grenzte es schon fast an ein Wunder, dass Gozalo diesen Crash tatsächlich mit einer Gehirnerschütterung, Knochenbrüchen und Zerrungen überstanden hat.<br />
Vielmehr zu denken gab allerdings neben den offensichtlich nicht ausreichenden Sicherheitseinrichtungen der Strecke vor allem der Zustand des RaceTrucks. Vom Sicherheitskäfig des Phönix-MAN war nichts mehr zu erkennen. Laut Angaben eines Insiders, der den Phönix seit seiner Geburtsstunde bestens kannte, war der Truck vor Jahren letztmalig auf Herz und Nieren geprüft worden. Es ist sehr zweifelhaft, ob er dem aktuellen technischen Regelement in punkto Sicherheit überhaupt noch entsprach. <br />
Es ist sicherlich auch eine der vornehmlichen Aufgaben des neuen Technik-Delegierten der FIA, Fabien Calvet, bei den in 2006 in der FIA European Truck Racing Championship antretenden RaceTrucks gerade darauf ein besonderes Augenmerk zu richten.