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Jarama Drumherum

Jarama Drumherum

09. Oktober 2005Das Truckracing-Weekend in Jarama wurde natürlich ein echtes Cepsa-Festival. Nachdem Gewinn des Europameistertitels durch Antonio Albacete versank das Paddock in einem Meer von Rot. Zwar hatte Gerd Körber den Spaniern einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht und sich einmal mehr mit 55 von maximal 60 Zählern als eifrigster Punktesammler betätigt, der erste Championatsgewinn für das Truckracing-verrückteste Land in Europa überwog letztendlich aber doch alles. In den Nachrichten-Laufbändern des spanischen Fernsehens wurde der Titelgewinn durch Albacete an vorderster Stelle verkündet. Aber was hätte das doch für ein Finale werden können, hätte der Deutsche nicht in der ersten Saisonhälfte diverse Nackenschläge einstecken müssen.<br />
Weiterhin vom Glück nicht gerade verwöhnt wurde Jochen Hahn. Am Samstag durch die Folgen des Massencrash in der ersten Runde des ersten Laufs schon aus dem Rennen geworfen, sicherte er sich am Samstag zunächst mit Trainingsbestzeit die Poleposition, um dann anschließend wegen eines irreparablen Defekts am Lenkgetriebe zum Rennen gar nicht mehr antreten zu können. Ähnlich dagegen wie Gerd Körber kommt auch Markus Bösiger erst gegen Ende der Saison so richtig in die Puschen. Während der Deutsche nun noch den zweiten Platz im Championat im Visier hat, wird sich der Schweizer nicht mehr großartig verbessern können. So wie diese beiden Piloten zum großen Endspurt ausholen, blieb der lange Zeit als Titelfavorit geltende Egon Allgäuer in den letzten Rennen von Rückschlägen nicht verschont. Symptomatisch war sicherlich das letzte Cup-Rennen am Nürburgring, als der Österreicher den sicheren Sieg vor Augen in der letzten Runde wegen eines technischen Defekts die Segel streichen musste. Seitdem waren seine direkten Konkurrenten eigentlich bei jedem Rennen erfolgreicher.<br />
All das focht die allein am Sonntag offiziell gezählten euphorischen 46.000 spanischen Fans – über das gesamte Wochenende werden es wohl fast 70.000 gewesen sein – natürlich nicht an. Überschattet wurde das Jubelfest allerdings durch den schweren Unfall von Manolo Gozalo am Samstag. Dieses Ereignis nebst all seinen Begleit- und Folgeerscheinungen waren denn auch das beherrschende Diskussionsthema im Paddock. Offensichtlich war das Kiesbett so sehr verdichtet, dass es kaum mehr Bremswirkung zeigte. Die Leitplanken wurden vom Phönix-MAN niedergewalzt, das Wrack kippte in einen leichten Graben, wo sich der Sicherheitszaun befand, der den Aufprall auch nur wenig mindern konnte. Ein Teil des Trucks blieb an diesem Zaun hängen, der andere krachte mit voller Wucht gegen die dahinter stehenden Träger einer der vielen Werbebrücken. Diese knickten dann auch prompt ein. Auf dem daneben liegenden Gestell dieser Art befindet sich eine schmale Photographenplattform. Man mag sich kaum ausmalen, was alles hätte passieren können, wäre Gozalos Truck dort eingeschlagen. Etliche Kollegen wären zwangsläufig aus mehreren Metern Höhe auf den harten Boden geknallt. Ein Photograph unseres Teams stand mit zwei weiteren auf dem zugewiesenen Platz direkt hinter der Leitplanke genau dort, wo der Phönix schließlich landete. Deshalb ist das letzte unserer Bilder dieser Sequenz, genau das, wie Gozalo durch das Kiesbett auf die Photographen zuschießt. Danach war man nur noch bemüht, sich in Sicherheit zu bringen. Dennoch trugen alle, die dort gestanden hatten, durch herumfliegende Truckteile und Steine Beulen und kleine Platzwunden davon, Brillen erhielten einige Macken, Linsen von Objektiven gingen im Steinhagel zu Bruch. <br />
Das, was die Teams und Piloten allerdings erst so in Rage brachte, waren die Geschehnisse nach dem Unfall. Man konnte heftigen Zweifel daran hegen, ob die FIA-Verantwortlichen mit ihrem eigenen Reglement tatsächlich so recht vertraut sind. Die Trucks versammelten sich in der Pit-Lane, auch solche, die bei den beiden anderen Unfällen schon in der ersten Runde einige böse Macken abbekommen hatten. Andere Betroffene fuhren mit ihren ramponierten Trucks direkt in ihre Box, waren sie doch der Meinung, das Rennen sei für sie beendet. Zu dem Zeitpunkt ahnte schließlich niemand, dass die Unterbrechung beinahe 2 Stunden dauern würde.<br />
In diesem Moment hätten nach dem Regelwerk in der Boxengasse eigentlich Parc-Fermé-Bedingungen geherrscht. Stattdessen wurde dort an Trucks geschraubt, repariert und ausgewechselt, beaufsichtigende Marshalls, Stewards oder gar FIA-Delegierte waren weit und breit nicht zu sehen. Als schließlich einzelne Trucks aus der Pit-Lane doch noch in ihre Box fuhren, anschließend dann aber wieder ihren Platz in der Boxengasse einnahmen, war kein Verantwortlicher da, der ein klärendes Wort sprach. So beanspruchten nun natürlich auch die anderen Piloten, die direkt in die Box gefahren waren, das Recht, bei einem Restart wieder ins Rennen gehen zu dürfen. Nach einigen Diskussionen wollte man diesen Trucks schließlich einen Restart aus der Boxengasse erlauben, die anderen sollten in der ursprünglichen Aufstellung an den Start gehen. Als die Startaufstellung für das 1.Quali-Race dann endlich stand, schickte man die Fahrer, die nun in der Pit-Lane warteten, nun doch wieder zurück ins Paddock.<br />
All diese Vorgänge nahm nun Daniel Seiler, der eh schon während der ganzen Saison beruflich stark eingespannt war, zum Anlass, seinen Rückzug aus dem Truckracing bekannt zu geben. Diese Entscheidung des Schweizers rief schon in Jarama einige Leute aus dem Truckracing-Lager auf den Plan, die direkt Teile des nagelneuen Equipments kaufen wollten. Das ist natürlich auch eine große Chance für andere Truckracing-Interessierte. Steht doch nicht nur ein neuer, hervorragender Transporter mit allen Schikanen nebst riesigem, exakt passendem Zelt zum Verkauf, auch ein MAN-RaceTruck neuester Bauart und Spitzentechnologie sucht einen neuen Piloten.