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Misano drum herum

Misano drum herum

25. Mai 2005Nach der Sintflut vierzehn Tage zuvor beim 2.Lauf zum FIA European Truck Racing Cup in Assen wurde die Truckracing-Gemeinde an der Adria mit strahlendem Sonnenschein geradezu verwöhnt. Bei diesem Wetter nicht ganz verständlich die propagierte Besucherzahl von gerade mal 12.000. Die Sitz- und Natur-Tribünen waren recht gut besetzt, und auch im Paddock knubbelten sich die Massen, man hatte einfach den Eindruck, es seien viel mehr Fans als im Vorjahr. Diese Ansicht vertrat eigentlich auch der Veranstalter, nur vor 12 Monaten lautete die offizielle Zuschauerzahl 15.000.<br />
Unstrittig waren die imposante Auftritte der Industrie. Wie in jedem Jahr hatte Iveco einiges aufzubieten und präsentierte u. a. auch einen Paris-Dakar-Truck. Einen solchen stellte auch MAN zur Schau und dazu noch einen Show-Truck von Lutz Bernau in dessen typisch blauer Lackierung. Ein italienischer Kollege sah sich am Freitag denn auch veranlasst, noch einmal nachzufragen, ob Lutz in dieser Saison tatsächlich nicht starte, schließlich stünde doch sein Truck im Paddock. <br />
Das was allerdings Mercedes-Benz und Reifenlieferant Kraiburg boten, war kaum zu mehr zu toppen. Sie hatten im Paddock einducksvolle Zelte aufgebaut, Kraiburg für die Gäste und Mercedes für die Trucks. Dazu feierten die Österreicher am Samstagabend auf der Strandbühne von Riccione anlässlich der Markteinführung eines neuen Reifens eine Riesenparty mit einem allseits sehr bewunderten Feuerwerk. Mercedes übergab dann sonntags seine rund 50 für Italien bestimmten Actros „Black Edition“ mit großem Brimborium an seine neuen Besitzer. <br />
Über Jahre glich der Misano Circuit beim Truckracing hinsichtlich der Internetversorgung eher einer Diaspora. Wenn die einzelnen Journalisten ihre Bilder und Berichte übers Netz verschicken wollten, wurde das Faxgerät des Pressecenters ausgestöpselt und nach und nach die Laptops der Kollegen und so auch der unsrige eingestöpselt. Ein für eine internationale Veranstaltung kaum akzeptabler Zustand. Im letzten Jahr gab es dann ansatzweise einen ersten Lichtblick, die italienische Telecom (TIM) hatte einen Access-Point eingerichtet. Das kostenpflichtige Wi-Fi tatsächlich nutzen konnten allerdings nur Italiener, um sich per Kreditkarte anmelden zu können, verlangte die TIM zwingend eine inländische VAT-(Steuer)Nummer. In diesem Jahr waren auch diese Probleme beseitigt, zudem hatte man im Pressezentrum erstmals auch noch 5 analoge Leitungen freigegeben. <br />
Die Auftritte der drei „Gast“-Piloten bei den RaceTrucks, Adam Lacko mit dem dritten Freightliner sowie Markus Oestreich und Ralf Druckenmüller auf den Leih-MAN von Egon Allgäuer, sorgten für viel Gesprächsstoff. Während Oese am Freitag noch etwas moserte, „zu einem Rennauto gehört mindestens ein richtiges Sport-Fahrwerk und vor allem ein sequentielles Getriebe“, zeigte er sich nach seinem tollen Auftritt am Sonntag richtig begeistert. Lange nicht mehr habe ihm Truckracing so viel Spaß gemacht. Wesentlich weniger konnte sich vorerst Drucki mit dem RaceTrucks anfreunden. Man muss allerdings zugestehen, dass einige Trucks auch eben mehr „Race“ sind als andere. <br />
Keine Probleme in dieser Hinsicht hatte Adam Lacko. Schließlich war er während der ganzen letzten Saison schon auf einem RaceTruck unterwegs gewesen und hatte den Freightliner in Most bereits ausgiebig testen können. So war es denn auch keine Überraschung, dass er seinen Teamkollegen Gerd Körber und David Vrsecky nicht nur Paroli bieten konnte, sondern ihnen teilweise auch das Nachsehen gab. Am Samstag allerdings hätte dem jungen Tschechen, als er mehr herumscherzte als zuhörte, vielleicht doch die im Driver’s Briefing von Tony Iddon offerierte Einzeleinweisung nicht schlecht getan. Das Temperament ging wieder einmal mit dem gerade mal 20 Jahre alten Youngster durch, auch wenn er nun schon in seine dritte Saison startet. Wenn Adam im Renntruck sitzt, scheint er eh schon, weder Freund noch Feind zu kennen. Und als sich ihm die Chance bot, seinem „Boss“ aus der letzten Saison den Sieg wegschnappen zu können, fuhr er nur noch aus dem Bauch heraus. Seit an Seit rasten Egon Allgäuer und Lacko mit Fullspeed auf die weit außen gelegene lang gezogene 180 Grad Kehre „Tramonto“ zu. Gespannt beobachtete der junge Pilot jede Reaktion des leicht in Führung liegenden Altmeisters, um ja keine Sekunde zu früh in die Eisen zusteigen. Allgäuer ließ seine Reifen wesentlich später als sonst blockieren, es reichte noch so eben. Lacko reagierte einen Tick zu spät, raste durchs Kiesbett und mit viel Dampf in die Begrenzung. Den Buggyra-Technikern bescherte dieses Manöver ihres neuen Piloten eine lange und arbeitsreiche Nacht.