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Der Sonntag am Ring

Der Sonntag am Ring

11. Juli 2004Nürburgring - Die Überraschungen beim Truck GP am Ring nahmen auch am Sonntag kein Ende – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Entgegen aller Prognosen blieb es weitgehend trocken, schlimmstenfalls fisselte es mal ein wenig. Die schwarzen Wolken am Himmel wirkten zwar recht bedrohlich, doch die insgesamt fast 175.000 Zuschauer ließen sich davon nicht abschrecken. Zu ihrer großen Enttäuschung konnte allerdings Publikumsliebling Gerd Körber mit dem neuen Freightliner bei den Rennen der RaceTrucks nicht mehr an den Start gehen. Das Team um Mario Kress hatte den kapitalen Motorschaden des Vortags trotz intensiver Nachtarbeit nicht beheben können. Bei den SuperRaceTrucks bliesen die Buggyra Piloten allerdings voll zum Angriff. Mit Antonio Albacete, Ludovic Faure und David Vrsecky belegten sie im Quali-Rennen die ersten drei Start-Plätze vor den Post-Piloten Markus Oestreich und Ralf Druckenmüller. Doch bereits in der Mercedesarena konnte Oese auf der Außenspur an Vrsecky vorbeiziehen und setzte nun den zweitplatzierten Faure kräftig unter Druck. Der Franzose fuhr buchstäblich auf der letzten Rille, platzierte seinen Truck aber immer wieder so geschickt, das der Post-VW einfach nicht überholen konnte. Also versuchte es Oestreich übers Grün, hatte kurzfristig die Nase vorn, doch die deutschen Fans jubelten zu früh. Ludo konnte auch diesen Angriff parieren und seinen 2. Platz hinter dem etwas enteilten Albacete ins Ziel retten. Vrsecky verteidigte seine vierte Position knapp vor Druckenmüller.<br />
Auch im hinteren Feld ging es hoch her. Hier versuchte Altmeister Stan Matejovsky, der nur für den Truck GP wieder ins Cockpit gestiegen war, den DAF des Franzosen David Patalacci zu überholen. Dabei kam es zu einer etwas heftigeren Kollision mit recht unangenehmen Folgen für den Tschechen: Ein gebrochenes Gelenk an der linken Hand, vorrausichtlich sechs bis 12 Wochen Gips, je nach Heilungsverlauf. Stan, der ja auch am Montag noch für KRAIBURG PR-Fahrten machen wollte, verlor dennoch nicht seinen Humor. Eigentlich habe er am Ring ja nur etwas Spaß haben wollen, doch soviel Spaß hätte nun doch nicht sein müssen. <br />
Das anschließende Cup-Rennen der SuperRaceTrucks sah wieder Antonio Albacete an der Spitze vor Faure und Oestreich. Dahinter gab es über 14 Runden erneut einen harten Stoßstange-an-Stoßstange-Fight zwischen Vrsecky und Druckenmüller. Ständig setzte der Mendiger zu Überholversuchen an, die Fans bejubelten immer wieder die Aktionen des Lokalmatadoren. Letztendlich konnte der Tscheche seinen vierten Platz aber doch noch knapp ins Ziel retten. An der Spitze fuhr währenddessen Albacete dem Verfolger-Duo etwas davon. Oese setzte Faure permanent unter Druck, doch der Franzose konterte jedoch jeden Angriff des eindeutig schnelleren VW-Titan. Schließlich näherten sich die beiden wieder dem roten Buggyra, und Ludo sah nun die Chance, selbst die Spitze zu übernehmen. Drei Runden vor Schluss setzte sich der Ex-Europameister eingangs der Coca-Cola-Kurve neben seinen spanischen Markengefährten, bremste etwas spät und schob den roten Buggyra ins Grün. Oese nutzte unter den lauten Anfeuerungsrufen der Zuschauer die Konfusion und preschte nach vorn. Schnell setzt er sich trotz nachlassender Bremsleistung von seinen Verfolgern leicht ab, und fuhr einen nicht mehr erwarteten Sieg für das Deutsche Post Team ein. Da Vrsecky hinter Faure und Albacete nur Rang vier belegte, übernahm der Deutsche nun auch die Führung in der Gesamtwertung.<br />
Bei den EM-Läufen der RaceTrucks machte Lutz Bernau dort weiter, wo er am Tag zuvor aufgehört hatte, er gewann wieder alles, was es zu gewinnen gab. Beim Quali-Race war er lediglich am Start eingangs der Mercedesarena in ein allerdings heftiges Gerangel mit Stuart Oliver und Egon Allgäuer verwickelt. Danach führte er das Feld souverän an, gefolgt von Oliver. Allgäuer musste sich nach seinem Ausritt ins Kiesbett weit hinten im Starterfeld wieder einreihen, konnte sich aber nach grandioser Fahrt noch bis auf Platz 3 vor seinem Stallgefährten Adam Lacko vorarbeiten. Noch mehr Plätze machte Jochen Hahn gut. In der Nacht hatte man erst ein neues Getriebe kommen lassen und eingebaut. Beim Zeittraining riss dann der Ansaugkrümmer, und so musste der Altensteiger schließlich aus der letzten Reihe vom 23. Platz aus ins Rennen gehen. Bereits in der ersten Runde machte er 9 Plätze gut. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit Daniel Seiler und Jean Loup Fournier kam der Mercedes-Pilot schließlich hinter Jose Rodrigues auf Rang 6 ins Ziel. <br />
Beim folgenden Cuprennen kam Gastfahrer Noel Crozier auf der Höhe der Mercedesarena kräftig ins Schleudern und löste dadurch eine Kollision mit gravierenden Folgen aus. Haupt-Leidtragende waren die beiden Allgäuer-MAN. Waidwund schleppten sich der Chef selbst und Adam Lacko schließlich bis in die Boxengasse. Egon hatte sich heftige Prellungen am rechten Bein zugezogen, Adam klagte über Schmerzen im Rippen- und Bauchbereich, die einen kurzfristigen Krankenhausaufenthalt erforderlich machten. Währendessen fuhr Lutz Bernau einem unangefochtenen Start-Ziel-Sieg entgegen, Stuart Oliver belegte ebenso ungefährdet den 2. Platz. Einen spannenden Kampf gab es um Rang Drei zwischen Jochen Hahn und Jose Fernando Aronjo Rodrigues. Immer wieder attackierte der Mercedes-Pilot den vor ihm fahrenden blauen MAN. Wenige Runden vor Schluss waren diese permanenten Angriffe des Deutschen schließlich von Erfolg gekrönt, ausgangs der NGK-Schikane schoss der Mercedes vorbei. Rodrigues gab sich aber noch längst nicht geschlagen, klebte dicht an den Fersen des Schwaben und setzte nun seinerseits bis zum Ende der letzten Runde vehement – schließlich aber doch erfolglos – immer wieder zu Überholversuchen an.<br />
In der Gesamtwertung verteidigte Stuart Oliver seine Führung, durch sein grandioses Wochenende konnte Lutz Bernau sich nun an Adam Lacko und Egon Allgäuer vorbei auf den zweiten Rang schieben. <br />
Im Rennen der RaceTrucks um den Mittelrhein-Cup stand natürlich nach seinem unerwartet erfolgreichem Comeback Lokalmatador Heinz-Werner Lenz im Focus. Die Ergebnisse dieser Rennen zählten zwar auch für die Britische Meisterschaft, dennoch verzichtete der dort weit in Führung liegende Stuart Oliver auf einen Start, um mit einem unversehrten Truck an den EM-Läufen teilnehmen zu können. So stand der orangefarbene Brasil-Hauber ganz allein und eigentlich ungefährdet in der ersten Startreihe. Dennoch versiebte Lenz den fliegenden Start voll und ganz, Ross Garrett und Olivier Robineau gingen spielend am Mercedes vorbei. Schon in der ersten Kurve überbremste Prinz Leopold von Bayern seien MAN und stellte seinen Truck quer in die Ideallinie. David Jenkins konnte nicht mehr ausweichen und krachte in den gelben RaceTruck. Das Feld preschnte davon, der Prinz hinterher und Jenkins bekam seinen Sisu nicht mehr ans Laufen: Rennabbruch. Schließlich zog man den RaceTruck mit Hilfe eines Abschleppers an, und so konnte auch der Engländer weiterfahren.<br />
Auch beim Neustart wurde Lenz von den hinter ihm liegenden Kontrahenten schlichtweg übberollt und fiel nun sogar bis auf den 7. Platz zurück. Vornweg fuhren Robineau und Garrett auf und davon. Doch bereits bei der Einfahrt in die Kurzanbindung verschätzte sich der Engländer völlig beim Anbremsen und schoss weit gerade aus in Richtung Müllenbach-Schleife. Lenz lag nun schon wieder an zweiter Position. Zur Freude der Fans schloss der Lokalmatador durch fast jede Kurve driftend bald zum an der Spitze liegenden Franzosen auf. Auf der Start-und-Ziel-Geraden ging der Mercedes dann schließlich an Robineau vorbei und nun gab es für Heinz-Werner Lenz kein Halten mehr. Runde für Runde vergrößerte er seinen Vorsprung auf letztendlich mehr als 40 Sekunden. Um die Plätze wurde allerdings weiter mit aller Härte gefochten. Der aus der Boxengasse gestartete Jenkins rollte fast das gesamte Feld auf, und fuhr schließlich die vierbeste Rennzeit. Dabei hatte der Engländer aber offensichtlich das Tempolimit von 160 Km/h völlig aus den Augen verloren, denn wegen mehrmaligen Overspeedings wurde er anschließend disqualifiziert. Nach seinem weiten Ausritt in der ersten Runde war Ross Garrett ans Ende des Starterfeldes zurückgefallen. Nun legte eine noch eindrucksvollere Verfolgungsjagd an den Tag. In der letzten Runde passierte er gar noch Olivier Robineau und erklomm so den dritten Podiumsplatz.<br />
Die Überraschung des Tages bot sicherlich Prinz Leopold von Bayern. Den Schock mit seinem Dreher beim ersten Start hatte der Renn-Routinier wohl schnell überwunden. Nachdem der Bayer von Lenz überholt worden war, klemmte sich der Prinz an dessen Fersen und überholte ebenso nach und nach die vor ihm liegenden Piloten. Klar und eindeutig erkämpfte er sich schließlich einen besonders von der Allgäuer-Crew vielumjubelten zweiten Platz. Ob das nun der Anfang einer neuen Truckracing-Karriere sein wird, bleibt abzuwarten. Sagte doch der Prinz bei der KRAIBURG-Presse-Konferenz bereits am Freitag, er habe seiner Frau am Telefon von seinen großartigen Trainingserfolgen berichtet, sie hätte allerdings – nicht ganz so begeistert – direkt zurückgefragt, ob das nun bedeute, dass er zukünftig weiterhin im Truckracing starten werde. <br />