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2003 keine Rennreifen mehr ?

2003 keine Rennreifen mehr ?

. September 2002Schon zu Beginn der Saison hatte der bisherige Alleinlieferant der Truckracereifen, Continental, angekündigt, nur noch 2002 die Truckracer mit seinen Rennreifen beliefern zu wollen, danach sei endgültig Schluss. Es werde schon jetzt nicht mehr neu produziert, sondern nur das verbraucht, was auf Lager sei. In Most gab es dann erhebliche Irritationen, als aus Insiderkreisen verlautete, dass Continental schon zur Mitte der Saison die Reifenversorgung der Teams hätte einstellen müssen, wenn nicht weiterproduziert worden wäre. Darauf angesprochen berief sich der auch in Most anwesende Contimann Holger Rettig auf die offizielle Verlautbarung seines Hauses. Er betonte nochmals, sein Unternehmen stelle sämtliche Truckracingaktivitäten ein, auch die in Amerika, selbst wenn in der Presse manchmal etwas anderes stünde.<br />
Im weiteren Gespräch äußerte Holger Rettig, er könne sich auch keinesfalls vorstellen, dass ein Konkurrenzunternehmen im nächsten Jahr mit entsprechenden Rennreifen für die Trucks auf den Markt käme, schließlich ließen sich 13 Jahre Entwicklungsvorsprung seines Konzerns nicht innerhalb eines Winters aufholen. Die Verwendung reiner Serienreifen hielte er für zu gefährlich, die seien solch extremen Belastungen einfach nicht gewachsen. Er befürchte, schon nach wenigen Runden würden den Fahrern die Reifenflächen um die Ohren fliegen. 160 Km/h seien einfach zuviel, dafür seien die Serienreifen nicht ausgelegt. Auch die Karkassen würden diese hohen Kurvengeschwindigkeiten nicht aushalten. <br />
Jochen Hahn, derzeit einziger Mercedespilot unter den Spitzenfahrern, und neben seiner Rennfahrertätigkeit in einem &quot;Nebenjob&quot; noch in der Reifenbranche &quot;schaffend&quot; meinte in einem späteren Gespräch, für ihn seien die Aussagen Holger Rettigs hinsichtlich der Reifenbelastbarkeit völlig unverständlich. Sicherlich seien die LKW-Serienreifen nicht für 160 Km/h im Dauerbetrieb ausgelegt. Für die Berechnung der maximalen Belastbarkeit seien aber doch mehrere Komponenten ausschlaggebend, neben der Geschwindigkeit z.B. auch das Gewicht der Trucks. Da seien die höchstens 5,8 Tonnen schweren Renntrucks eher ein Leichtgewicht für die auf ganz andere Belastungen ausgelegten Reifen. Auch in der Geschwindigkeit von 160 Km/h sieht der Truckracer kein Problem, schließlich durchliefen auch die Lkw-Reifen Prüfprogramme, bei denen sie Testläufe mit Geschwindigkeiten von 180 Km/h zu überstehen hätten.<br />
Es könne natürlich sein, dass man in der nächsten Saison wegen anderer Mischungen bei den Laufflächen dann nicht mehr solche Rundenzeiten erreichen würde wie jetzt, doch wenn alle das gleiche Reifenmaterial führen, hätte das auf die Rennen keine entscheidenden Auswirkungen. In ähnlicherweise äußerte sich auch der dienstälteste und mit 5 EM-Titeln erfolgreichste Teamchef im Truckracing, David Atkins. Außerdem, so Hahn, könne er sich sehr gut vorstellen, dass bereits nach kurzer Zeit ein interessierter Reifenhersteller oder -Erneuerer mit einer entsprechenden Gummimischung auf den Markt käme, denn diese zu analysieren, dürfe doch so problematisch nicht sein.<br />
Es ist also durchaus keineswegs so, dass die nächste Saison an der Reifenfrage scheitern könnte, wie von mancher Seite schon kolportiert wurde. Neben dem schon häufiger in der Presse genannten Reifenhersteller Pirelli, von dem allerdings eine offizielle Verlautbarung noch nicht vorliegt, sind auch Michelin und einige der großen LKW-Reifen-Runderneuerer als mögliche Interessenten im Gespräch. Schließlich scheint die ganze Geschichte finanziell auch nicht gerade unattraktiv, müssen die Teams für die Reifen derzeit doch recht kräftig in die Tasche greifen und anschließend den abgefahrenen Reifen wieder zurückgeben. Im Zuge der knapper werdenden Kassen wird deshalb bei vielen Teams der Racetruckklasse ein solcher Reifen bis zur letzten Rille gefahren, wohingegen es bei den Superracetrucks es durchaus immer noch üblich ist, jedes Mal, wenn auf die Strecke gefahren wird, neue Reifen aufzuziehen.