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Der Sonntag in Most

01. September 2002Most - Das schöne Wetter vom Vortag war verflogen. Während der ganzen Nacht hatte es leicht, aber ständig geregnet. Auf der Piste gab es zahlreiche Wasserlachen, die Fahrer hatten sich auf ganz neue Verhältnisse einzustellen. Bei den Racetrucks kam eindeutig Lutz Bernau am besten damit zurecht. Im Warm-Up lag er mehr als 1,6 Sekunden vor dem überraschenderweise zweitplatzierten Renault-Piloten Frankie Vojtisek und sogar knapp 2,5 Sekunden vor dem bisher so überragenden Egon Allgäuer. Auch das 2. Zeittraining endete in dieser Reihenfolge, mit nicht einmal einer halben Sekunde Abstand zu Allgäuer platzierte sich Terry Rymer erstmals für die zweite Startreihe. Leider konnte der Brite vom Atkins-Racing-Team davon nicht mehr profitieren, bei der Anfahrt zum Quali-Race brach die Schaltstange, ein in Most nicht mehr reparabler Schaden. <br />
Als dann nahezu drei Stunden später das Rennen gestartet wurde, hatten sich die Wolken verzogen, die Piste war nahezu abgetrocknet. Der ganz auf seine Regenabstimmung vertrauende Überraschungszweite vom Vortag, Jochen Hahn, hatte somit seine Chancen auf eine vordere Platzierung schon vertan. Bernau stob gleich davon, hart gefolgt von Allgäuer, der dem Lokalmatadoren Vojtisek direkt am Start den zweiten Platz streitig machen konnte. In den folgenden Runden übte der Österreicher permanent Druck auf den Titelverteidiger aus, konnte zwischenzeitlich sogar mal kurzfristig die Spitze übernehmen, letztendlich siegte Lutz Bernau zwar knapp, aber sicher.<br />
Der Start zum Cup-Race war schon fast allein das Kommen zum Czech Truck Prix wert. Nebeneinander schossen Bernau und Allgäuer auf die Schikane nach der langen Geraden zu. Allgäuer wich trotz der leichten Rechtskurve keinen Zentimeter von seiner geraden Linie ab. Polesetter Bernau dachte aber andererseits nicht im Traum daran, klein beizugeben, im Unterbewusstsein mag er vielleicht sogar an Alastaro gedacht haben. Und tatsächlich, was ihm dort gelungen war, gelang dem Uttinger jetzt auch hier. Übers Gras gehend übernahm er klar die Spitze, die er trotz der permanenten Angriffe seines österreichischen Markenkollegen bis ins Ziel verteidigen konnte. Um den dritten Platz lieferten sich Noel Crozier und Jochen Hahn einen erbitterten Zweikampf, den der Franzose letztendlich für sich entscheiden konnte.<br />
Durch seine Siege vom Vortag und die guten Sonntagsplatzierungen schaffte es Allgäuer, im EM-Gesamtklassement an Crozier vorbeizugehen und den Rückstand auf den weiterhin führenden Bernau zu verkürzen.<br />
Bei den Superracetrucks waren die insgesamt 60.000 Zuschauer (nach Angaben der Veranstalter) voller Erwartung des ersten Buggyra-Sieges. Tatsächlich hatte sich Gerd Körber doch in den vorhergehenden Trainingsläufen und auch im morgendlichen Warm-Up auf noch nasser Piste so sehr überlegen gezeigt, dass es für die Fans nichts daran zu deuteln gab. Tag und Nacht waren in der &quot;Buggyra-Factory&quot; im nur rund 50 Kilometer entfernten Roudnice nad Labem die Motorenprüfstände nahezu durchgelaufen. Man hatte nicht nur eine neue Motorenkonfiguration gesucht und gefunden, es waren auch reihenweise neue Injektoren getestet worden. Noch am Freitagmorgen war sich die Mannschaft um Buggyra-Cheftechniker Mario Kress nicht ganz sicher, wie man sich denn nun entscheiden würde. Training und auch Quali-Race zeigten, dass man mit den Injektoren die richtige Wahl getroffen hatte. Überlegen holte der deutsche Exeuropameister den ersten Sieg für das tschechische Team von Martin Koloc. Dahinter belegte nicht, wie eigentlich nach den Trainingsergebnissen zu erwarten gewesen wäre, Markus Bösiger den zweiten Platz, sondern dessen Team-Kollege Alain Ferté vor dem in der Meisterschaft führenden Harri Luostarinen. Der Schweizer Bösiger war trotz zweitschnellster Qualifikationszeit ans Ende des Starterfeldes verbannt worden, da während des Qualifikationstrainings über einen Zeitraum von etwa einer Viertelstunde von dem Tatra mit der Nummer 2 keine Signale zur Kontrolle des Speedlimits empfangen werden konnte. Die Verantwortung dafür gab die französische Firma ERTF an das &quot;Deutsche Post Team&quot; von Peter Müller weiter. Bei der Ausgeglichenheit des Feldes hatte Bösiger dann auch keine Chance mehr, weiter nach vorne zu kommen. Letztendlich wurde er zusammen mit dem für den wegen eines Bänderrisses verhinderten Stan Matejovsky fahrenden Ludovic Faure wegen mehrmaligen Overspeedings sogar ganz aus der Wertung genommen. <br />
Alles deutete also auf einen Gerd-Körber-Tag hin. Doch die Zuschauer, die nicht schon in der Einführungsrunde vor lauter Jubeln nichts anderes mehr mitbekamen, haben vielleicht die seltsamen Geräusche des Buggyra-6-Zylinder-Motors vernommen. Schon bevor der Start erfolgte, hatte einer der Injektoren seinen Dienst eingestellt, Körbers Truck lief nur noch auf fünf Zylindern. Zum Entsetzen der Fans schoss schon beim rollenden Start nahezu das gesamte Feld an dem hohen Favoriten vorbei. Allein in der ersten Runde verlor der Deutsche mehr als zwei Sekunden gegenüber seinen Konkurrenten. Einzig den hoffnungslos langsamen Maurice Monfrino konnte er hinter sich lassen. Vornweg fuhr Alain Ferté vor Luostarinen und Körbers Teamkollegen David Vrsecky. Doch nach dem Zielleinlauf ereilte den Franzosen eine böse Überraschung, die ihm Race-Director Tony Iddon überbrachte, kurz bevor der Tatrapilot sich anschickte, das Siegerpodest anzusteuern. Wegen Overspeedings wurde er mit einer 10-Sek-Strafe belegt, wodurch er auf den fünften Rang zurückfiel. Der Finne Luostarinen kam so unerwartet zu einem Sieg und in den Genuss voller 20 Punkte. Dadurch konnte er seinen Vorsprung im EM-Klassement weiter ausbauen. Von seinen tschechischen Landsleuten begeistert gefeiert wurde David Vrsecky, der vor Antonio Albacete zumindest noch den zweiten Platz für Buggyra einfahren konnte. <br />
Spannend wie lange nicht mehr geht der FIA European Truck Racing Cup in die letzten drei Runden. Bei den Racetruck trennen den führenden Bernau vom drittplatzierten Crozier gerade mal 24 Punkten, 60 Punkte kann ein Fahrer pro Rennwochenende erringen. Bei den Superracetrucks gibt es gar fünf ernsthafte Titelanwärter, die bei insgesamt maximal noch 90 zu vergebenden Punkten gerade mal 33 Zähler auseinanderliegen.