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GPS auch auf dem A1 Ring

10. Juni 2002Spielberg - Auch beim dritten Lauf zum FIA European Truckracing Cup am A1 Ring wurde auf das Speedkontrollsystem per GPS der französischen Firma ERFT eingesetzt. Bekanntlich wurde seitens der FIA der Vertrag mit VDO-Kienzle, die in den letzten Jahren mit ihrem Blackbox-Fahrtenschreibersystem die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h zur Zufriedenheit aller kontrolliert haben, aus Kostengründen nicht mehr verlängert. Stattdessen setzten die FIA-Verantwortlichen auf GPS ( Global Positioning System). Damit verbunden sind aber zwei ganz gravierende Nachteile. Der erste nicht unbedingt entscheidende, es handelt sich im Ursprung um ein vom amerikanischen Verteidigungsministerium betriebenes rein militärisches System, dessen zivile Nutzung seitens der hohen Herren im Pentagon zu jeder Zeit stark eingeschränkt werden kann. Im Rahmen der allgemeinen politischen und militärischen Entspannung musste man mit solch einer Situation nicht unbedingt rechnen. Doch schon während des zweiten Rennwochenendes dieser Saison in Misano trat der Ernstfall ein. Wegen des Bush-Besuchs bei Putin wurden die zivilen Nutzungsmöglichkeiten der Militärsatelliten stark eingeschränkt. So wurde selbst bei der Akzeptanz der systembedingten Ungenauigkeit die Speedkontrolle zu einem reinen Vabanquespiel.<br />
Und diese Ungenauigkeit ist der zweite Nachteil des GPS, und genau deshalb hätte die FIA dieses System als Kontrolle zur Einhaltung des Speedlimits auch erst gar nicht in Erwägung ziehen dürfen. Allgemein wird die Messexaktheit des GPS mit 10 Metern angegeben. Das ist allemal ausreichend, wenn sich der Autofahrer in ihm unbekannten Gefilden zu orientieren versucht. Allerdings hätten kleinste Rechenübungen den FIA-Herrschaften schon vor Augen führen müssen, dass GPS beim gegenwärtigen Stand der Technik nicht dafür taucht, wofür man es nun verwenden wollte.<br />
Ein Renntruck legt bei seiner Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h in einer Sekunde 44,44 Meter zurück, und in diesem Rhythmus erfolgen auch die Messungen. Ein Messfehler von 10 Metern kann bei der nächsten Messung dann schon eine Mehrgeschwindigkeit von bis zu 36 km/h bedeuten. Damit bewegt man sich immer noch innerhalb der vom System her vorgegebenen Messtoleranzen. Abhilfe verspricht erst das neue System Galileo, dass seitens der EU-Staaten für zivile Zwecke angestrebt wird. Der Messfehler soll nur noch zwei Zentimeter betragen, vernachlässigbar klein. Das Ganze hat nur einen Haken, die ersten der 30 notwendigen Satelliten sollen ab 2006 ins All geschossen werden, und ab 2008 soll Galileo voll funktionsfähig sein. Solange kann die FIA aber nicht warten, da muss man sich vorher schon etwas anderes einfallen lassen.<br />
Dies darf aber nicht darauf hinauslaufen, dass man nur noch so tut als ob. Gab es beim ersten Renneinsatz von GPS in Barcelona noch ein echtes Festival an Strafzeiten, von denen die meisten nachweislich völlig unberechtigt waren, so schienen in Misano dann plötzlich alle Trucks die Höchstgeschwindigkeiten einzuhalten, obwohl zusätzliche Radarmessungen Geschwindigkeiten jenseits der 180 km/h-Marke attestierten. Offizielle Bestrafungen gab es jedenfalls nicht. Unverhohlen wurde vermutet, das einige Teams unter diesen Umständen den Geschwindigkeitsbegrenzer nach oben korrigiert hätten. Auch am A1-Ring wurden keine Strafzeiten wegen Nichteinhaltens des Speedlimits ausgesprochen. Nach den bisherigen Erfahrungen stimmt das nun äußerst nachdenklich.