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Was folgt dem MAN-Ausstieg?

Was folgt dem MAN-Ausstieg?

22. Februar 2014Wirklich überraschend kam die Nachricht, MAN werde sich werksseitig au der FIA European Truck Racing Championship zurückziehen, für Insider sicherlich nicht. Bereits vor rund zehn Jahren war die Situation ähnlich. MAN war haushoch überlegen und in München beklagte man sich, dass keine andern großen Nutzfahrzeughersteller – im Focus stand dabei natürlich der größte LKW-Produzent der Welt, Mercedes-Benz – sich in der FIA ETRC engagieren würden. Man wolle schließlich aus der Truck-EM keine MAN-Markenmeisterschaft machen. Tatsächlich hatten in 2003 MAN-RaceTrucks die ersten drei Plätze belegt, in 2004 gar die ersten vier. Auch damals war man bei MAN der Meinung, es fehle an ausreichender sportlicher Konkurrenz. Doch dann fuhren plötzlich die Freightliner von Buggyra ganz vorn mit und auch Mercedes-Benz engagierte sich wieder ganz offiziell in der FIA ETRC.
In 2006 standen schließlich neben dem MAN-Champion am Ende auch ein Freightliner- und ein Mercedes-Pilot auf dem Treppchen. Während der anschließenden drei Jahre schienen die Freightliner gar ein Abonnement auf den Meistertitel gebucht zu haben. Da diese Marke ja auch schon seit 1981 Teil des Mercedes-Konzerns ist, meinten Zyniker schon, nu würde gar die Stuttgarter den Ton vorgeben. Tatsächlich aber hatte die Marke mit dem Stern sich offiziell komplett aus der FIA ETRC verabschiedet. Zeitweise hatte man das Gefühl, in Stuttgart gelte Truckracing als Unwort.
Stattdessen war Renault wieder erstarkt. Die MKR-Trucks machten den MAN das Leben verdammt schwer. Die Münchener Truppe rüstete schwer auf, steckte viel Geld und Know-How in die Motorenentwicklung, und da wiederum konnte Renault dann nicht mehr ganz mithalten.
In der letzten Saison waren die MANs dann wieder so überlegen wie eben schon einmal vor rund 10 Jahren. Wie man aber auch mit geringeren Mitteln vorn mitmischen kann, zeigte Buggyra, denn am Ende erwies sich ein Freightliner als sportlich stärkster Gegner.
Dennoch hieß es schon gegen Ende der letzten Saison, wenn nicht bald noch ein anderer Hersteller in die FIA ETRC einsteigen würde, würde MAN sein eigenes Engagement auf den Prüfstand stellen.
So in etwa hatte MAN sich auch gegenüber den eigenen Teams geäußert, und ähnlich lautete auch der Tenor am Montag und Dienstag letzter Woche bei der FIA-Sitzung in Paris. Es wurde aber gebeten damit noch nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, in der darauf folgenden Woche werde es noch eine offizielle Stellungnahme geben.
Doch bereits Mitte der Woche wurde nicht nur im MAN-Intranet schon klar vom Ausstieg aus der FIA ETRC berichtet, auch die MAN-Pressestelle bestätigte gegenüber nachfragenden Medien den Ausstieg. Als Grund wurde genannt, „...nach dem Ausstieg von Renault Trucks Ende 2013 hat die sportliche Bedeutung stark abgenommen“.
Doch der sportlich härteste Konkurrent war ja kein Renault, sondern ein Freightliner. Und die Franzosen haben auch nicht wirklich ihren kompletten Ausstieg aus der FIA ETRC erklärt, sondern man hat unter dem Aspekt der Etatkürzung das Engagement einfach verlagert.
Mario Kress und sein MKR-Technology-Team werden nun die Technik-Unterstützung für in der FIA ETRC startende Renault-Trucks übernehmen, und das offensichtlich auf einem sehr hohen Level. Denn zwischen MKR und Renault bestehen wohl weiterhin intensive Verbindungen.
Die massive sportliche Überlegenheit im letzten Jahr mag für MAN ein Aspekt für den angekündigten Championatsausstieg gewesen sein. Das, was man im Laufe der letzten Saison aber zwischen den Zeilen lesen und aus den Zwischentönen heraushören konnte – sowohl in Lyon als auch in München, war eher massiver Frust darüber, dass man finanziell beinahe allein die FIA ETRC trug, während sich all die anderen großen Hersteller zwar im Glanze der Rennveranstaltungen sonnten und sich mit großartigen Auftritten im Paddock präsentierten, sich bei der Unterstützung des eigentlichen Renngeschehens ansonsten aber vornehm zurückhielten. Wieder einmal wurde massiv über die „Trittbrettfahrer“ geschimpft.
Von langer Hand war der Ausstieg seitens MAN schließlich so sicher nicht geplant. Erst im vergangenen Jahr hatte man sehr viel Geld in zwei neue Auflieger des Service-Teams investiert, komplett ausgestattete technische Schaltzentralen.
Während nun also einige Schwarzseher schon auf das Ende der FIA ETRC spekulieren, sehen die große Mehrheit und gerade auch die an der Serie Beteiligten jetzt die Chance, den sich anbahnenden Kreislauf der Stagnation zu verlassen.
Von der für 2015 angekündigten freien Motorenwahl versprechen sich nicht nur Tuningunternehmen ein neues Betätigungsfeld. Mario Kress und sein MKR-Team ebenso wie Buggyra, die ja auch beide schon Rennmotoren für die Dakar-Trucks entwickelt und gebaut haben, sehen jetzt ganz andere Chancen – wenn man nicht mehr mit den scheinbar allmächtigen Entwicklungsabteilungen der Hersteller konkurrieren muss.
So sind die meisten Insider denn auch überzeugt, dass die FIA ETRC nun durch neue Impulse einen Aufrieb erleben wird. Für neue Sponsoren – gerade auch aus dem Aftermarket-Bereich – wird die Serie jetzt sehr viel interessanter.

Impressionen:

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