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Donington Vorbericht

Donington Vorbericht

19. April 2011Für viele, eigentlich für die meisten aus dem Truckracing-Lager war schon überraschend, als es im letzten Jahr hieß, der Saisonauftakt der FIA European Truck Racing Championship 2011 sei in Donington. 1999 hatte dort der letzte EM-Lauf stattgefunden, und als es 2009 wieder auf die Insel gehen sollte, sagten die Verantwortlichen von Donington wenige Wochen vorher ab. Das hatte gerade auch bei denen, die sich besonders für dieses Rennen eingesetzt hatten, einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Andererseits gilt England zusammen mit Frankreich als Wiege des europäischen Truckracing.
Der Donington Park Circuit hat eine lange Tradition, in diesem Jahr wird die rund 60 km nordöstlich von Birmingham gelegene Rennstrecke 80 Jahre alt. Dennoch ist ihr im motorsportverrückten England letztendlich der Ritterschlag versagt geblieben. 1993 hat es dort zwar einen Formel 1-Grand-Prix gegeben, und Anfang 2009 hieß es dann sogar, dass nach umfangreichen Umbauarbeiten ab 2010 der Große Preis von Großbritannien statt in Silverstone nun in Donington ausgefahren werden würde. Doch die F1 fährt weiterhin in Silverstone, und in Donington gibt es nun 2011 den British Truck Grand Prix – aber der hat es auch in sich.
MAN und Renault haben die Winterpause intensiv genutzt, um ihre RaceTrucks zu optimieren. Von den Seriensiegern der Jahre zuvor, von den Buggyra Freightlinern, ist wenig an die Öffentlichkeit gedrungen, dennoch darf man davon ausgehen, dass die Tschechen auch in diesem Jahr wieder kräftig mitmischen werden. In der letzten Saison war man bei Buggyra etwas vom Pech verfolgt, insbesondere der zweimalige Europameister David Vrsecky. Der Tscheche bekommt mit Chris Levett nun einen neuen Teamkollegen. Der Brite, im letzten Jahr noch im Rennstall von Lutz Bernau, übernimmt den RaceTruck von Uwe Nittel, und der Deutsche wiederum wird künftig bei Truck Sport Bernau das letztjährige Auto von Levett pilotieren. Nummer 1 – nicht nur von der Startnummer her – ist bei TSB Cepsa-Pilot Antonio Albacete. Aber MAN hat ja noch mehr Eisen im Feuer, und so hat der spanische Titelverteidiger mit Jochen Hahn (GER) einen seiner ärgsten Konkurrenten im Titelkampf quasi in den eigenen MAN-Reihen. Vervollständigt werden die Top-Five Piloten des Münchener Nutzfahrzeugherstellers durch die beiden Allgäuer-Piloten Stuart Oliver (GBR) und Alex Lvov (RUS). Was die gelben Renner aus Österreich tatsächlich auf der Pfanne haben, wurde bis jetzt nicht so recht offenbar. Motorenmäßig liegen aber alle Spitzen-MAN auf einem Niveau, und so könnte insbesondere Oliver, immerhin Europa-Champion von 2004, durchaus den beiden anderen Titelaspiranten aus dem eigenen Haus das Leben schwer machen. Auch wenn all diese Piloten MAN-Markenkollegen sind, so fährt doch jeder in einem anderen Team und zuallererst für sich selbst.
Das sieht bei Renault wesentlich harmonischer aus, denn hier ziehen die Top-Piloten an einem Strick, sie fahren alle bei MKR. An vorderster Front Vizechampion Markus Bösiger, mit 53 Jahren der Senior unter den FIA-Piloten. Der Schweizer bildet mit dem ja auch nur gerade mal 6 Jahre jüngeren Markus Oestreich ein wirklich ausgeglichenes Team. Beide waren schon Europameister, Bösiger 2007 und der Deutsche 2004 bei den SuperRaceTrucks, und gemeinsam peilen sie nicht nur die Titelverteidigung in der Teamwertung an, beide – und auch Teamchef Mario Kress – sind überzeugt, dass einer der beiden Markusse beste Aussichten hat, in Le Mans auch als Einzelchampion gekürt zu werden.
Unterstützt werden sie bei diesem Unterfangen von einem der gewieftesten jüngeren Piloten im Truckracing, Adam Lacko. Der Tscheche ist zwar erst gerade mal halb so alt wie die beiden Senioren, hat aber schon eine bemerkenswerte Erfahrung und Cleverness. Vielen Fans wird sicherlich noch gut Lackos Husarenritt beim Saisonfinale 2003 in Le Mans in Erinnerung sein. Der Tscheche war nur wenige Tage zuvor gerade mal 19 Jahre alt geworden und lieferte sich mit Harri Luostarinen, dem mehrfachen Europameister aus Finnland, einen heißen Kampf bei den SuperRaceTrucks. In der letzten Kurve vor der Zieldurchfahrt gerieten beide Trucks hart aneinander, drehten sich und standen mit dem Heck zum Ziel. Während der Altmeister und Routinier den ungelenken Renntruck mühsam wendete, knallte der Youngster den Rückwärtsgang rein und schoss mit dem Heck zuerst – lange vor dem Finnen – über die Ziellinie. Das sind die Dinge aus denen Legenden gestrickt werden.
Davon ist ein weiterer Youngster, in diesem Jahr zum ersten Mal im Truckracing, sicher noch weit entfernt. Dennoch wird ihm, besser gesagt ihr, bestimmt sehr viel mehr Aufmerksamkeit zuteil als manchem vor ihr platzierten Piloten: die Rede ist von Stephanie Halm. Steffi ist nicht nur eine ausgesprochen attraktive junge Dame, sie fährt zudem noch einen – mittlerweile – Exoten im Truckracing, einen Mercedes-Benz. Während in der brasilianischen Truck-Meisterschaft vier Mercedes-Trucks am Start sind, obliegt es auf dem alten Kontinent allein einer von Markus Bauer ins Leben gerufenen Runde von Mercedes-Enthusiasten, einen Truck des größten Nutzfahrzeugherstellers der Welt auf die Piste zu bringen, und zusammen mit Steffi Halm will man auch eine komplette Meisterschaftssaison bestreiten.
Obwohl der Saisonauftakt in England stattfindet – zu dem noch recht früh im Jahr, sind die Wetteraussichten ganz und gar nicht englisch. Für das Osterwochenende wird ein beinahe wolkenloser Himmel vorhergesagt mit Temperaturen um die 20 Grad.

Impressionen:

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