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Der Samstag am Ring

Der Samstag am Ring

24. Juli 2010Nürburgring - Unter einer dichten Wolkendecke begann bei recht kühlen Temperaturen der Samstag beim Truck Grand Prix, aber es blieb wenigstens trocken. Hin wieder schlichen sich sogar ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken. Nach dem morgendlichen Warm-Up ging es schon früh ins 1. Championship Race. In der Startaufstellung war eine Schweigeminute für den am 5. Juli tödlich verunglückten Ungarn Balazs Szobi vorgesehen. Jean-Pierre Blaise hatte dann die Idee, dies mit einer Demonstration des Mitgefühls mit der Familie und dem OXXO-Team zu verbinden. Alle Piloten und Mechaniker aus der FIA European Truck Racing Championship versammelten sich um den schwarzen MAN-RaceTruck mit der Nummer 10, Jochen Hahn, Team- und Markenkollege von Szobi, hielt eine kurze Ansprache.
Im Rennen selbst stand MAN-Pilot Chris Levett (GBR) auf der Pole vor Markus Oestreich (GER) auf MKR-Renault, dem Spanier Antonio Albacete (MAN) und dem zweiten MKR-Piloten Markus Bösiger (SUI). Und genau in der Reihenfolge schossen die Trucks nach dem Start in die Mercedes-Arena. Levett konnte sich gleich etwas absetzen und fuhr schließlich einen eindrucksvollen Start-Ziel-Sieg nach Hause. Oestreich, klar auf dem 2. Rang liegend, hatte kurzfristigen Leistungsverlust zu beklagen, musste das halbe Feld passieren lassen und fand sich plötzlich auf dem 12. Platz wieder. In der 9. Runde fiel der Fuldaer dann ganz aus. So lag Albacete hinter Levett auf dem 2. Rang mit Bösiger direkt an der Stoßstange. Doch so richtig gefährlich werden konnte der Schweizer dem Spanier eigentlich nie. Auf dem 4.Platz erreichte der tschechische Europameister David Vrsecky (Buggyra Freightliner) das Ziel. Hahn, der gestern wegen Overspeed in der SuperPole auf den 10.Platz zurückgestuft worden war, hatte sich schon nach wenigen Runden auf die 5. Position vorgekämpft, mehr war für den MAN-Piloten letztendlich aber nicht mehr drin. Hinter dem Deutschen kamen die beiden Allgäuer-MAN mit Adam Lacko (CZE) und Alex Lvov (RUS) ins Ziel. Uwe Nittel (GER) zeigte auf dem zweiten Buggyra erneut eine eindrucksvolle Vorstellung und sicherte sich mit dem 8.Platz die Pole fürs zweite Rennen. Die Punkteränge vervollständigten der Franzose Anthony Janiec (Renault) und der Spanier Javier Mariezcurrena (MAN). Hendrik Vieth schlug sich als Truckrace-Novize ganz achtbar, und kam mit seinem eindeutig schwächer motorisierten Mercedes-RaceTruck auf Platz 15.
Im 2. Rennen des Tages starten die acht Erstplatzierten des vorherigen Rennens in umgekehrter Reihenfolge. Neben Polesetter Nittel lag folglich Lvov, vor Lacko und Hahn, Albacete und Levett bildeten die 4. Startreihe. Der Start verlief für die ersten Vier ausgesprochen dramatisch. Die drei MAN-Piloten kamen wesentlich besser weg als der Polesetter, und hatten Nittel plötzlich in der Zange. Beim Anbremsen zur Einfahrt in die Mercedes-Arena krachte es denn auch schon. Der Freightliner des Deutschen rutschte weit nach außen, Lvov kam ganz von der Piste ab, und Vrsecky lag unversehens in Führung mit Albacete und Hahn im Schlepptau. Bösiger hing direkt am MAN von Hahn, und während sich alle Welt auf einen spannenden Vierkampf freute, wurde der Deustche plötzlich zu einer Durchfahrstrafe hereingewunken – offensichtlich wegen des Startgerangels zu Anfang. Bis auf Platz 12 fiel der Altensteiger zurück. Anschließend kämpfte er sich zwar wieder bis auf den 10.Rang und letzten Punkteplatz vor, hatte aber auch noch einen defekten Hinterreifen zu beklagen. Letztendlich war er wohl froh, das Rennen dennoch zu Ende fahren zu können. Nittel hatte trotz seines Ausflugs den Kontakt zur Spitze nicht verloren und lag nun hinter Bösiger auf dem 4. Platz. Einen beeindruckenden Start legte Oestreich auf die Piste. Wegen seines Ausfalls im vorherigen Lauf ging der MKR-Pilot als Letzter ins Rennen. Nach einer Runde hatte er schon 11 Konkurrenten überholt, lag da schon auf dem 15.Platz und fuhr bis zum Ende gar noch bis auf den 5. Rang vor. Wesentlich weniger erfreulich lief es bei Levett, dem Sieger des ersten Rennens. An 6. Position liegend krachte der Brite in der 4. Runde in einen Reifenstapel und schied anschließend aus. Das Spitzentrio hatte sich etwas vom Verfolger Nittel abgesetzt und lieferte sich einen Fight auf Biegen und Brechen. Im Ziel lagen Vrsecky, Albacete und Bösiger gerade mal 1 Sekunde auseinander, trotz Rundenbestzeit musste sich der Schweizer aber mit dem 3. Platz zufrieden geben. Hinter Oestreich belegten Lvov, Janiec, Lacko und Mariezcurrena vor Hahn die restlichen Punkteränge. Vieth war anfangs bis ans Ende des Feldes zurückgefallen, kämpfte sich anschließend aber wieder im 26er-Feld auf den 14.Rang vor.
Im Championat liegt Albacete mit nun 156 Punkten weiter in Führung vor Bösiger (140), Hahn (129), Vrsecky (97), Levett (72) und Oestreich (69).
Die Teamwertung holte sich im ersten Rennen Truck Sport Bernau (Albacete / Levett) vor Team Hahn Oxxo Racing (Hahn / Birnbauer) und MKR Technology (Bösiger / Oestreich). Im zweiten Rennen hatte dann MKR Technology die Nase vorn vor Truck Sport Bernau und Team Hahn Oxxo Racing.
Das heutige Abschlussrennen bildete der 1. Lauf zum ADAC-Mittelrhein Cup. Das Rennen zählt auch zur Britischen Meisterschaft, deshalb legten sich Levett und der frühere Europameister Stuart Oliver (MAN) hier auch besonders ins Zeug. Levett zeigte sich genauso stark wie in den FIA-Läufen und verwies Oliver klar auf den zweiten Platz. Die deutschen Fans interessierte offensichtlich mehr der Dreikampf Stuck, Lenz und Körber. Hans Joachim Stuck ist mit seinem MAN schließlich Titelverteidiger, Heinz-Werner Lenz, „The King vom Ring“, hatte mit seinem Mercedes-Benz schon im letzten Jahr zur Jagd auf Stuck geblasen, und nun gesellte sich mit Mr. Truckracing Gerd Körber noch ein weiterer Herausforderer dazu. Und tatsächlich sorgte der dreifache Europameister mit seinem völlig neuen „Schwaben-Truck“, einem komplett privat aufgebauten Iveco (siehe auch „Gerd Körber im Schwaben-Truck“ vom 3. Juli), für Furore. Im Zeittraining noch knapp hinter Stuck, ließ er dem MAN im Rennen keine Chance; im Ziel lag der Rheinauer rund 12 Sekunden vor Stuck und gar 24 vor Lenz.
Bei einem TGP gibt es ja eben nicht nur Truckracing, der ADAC-Mittelrhein lässt sich da immer wieder etwas Neues einfallen. Nachdem Hans-Joachim Stuck etwas vollmundig hatte verlauten lassen, sein MAN-RaceTruck sei so stark, er würde damit beinahe jedes andere Rennfahrzeug stehen lassen, entwickelte sich daraus ein regelrechter Selbstläufer. Den Fehdehandschuh nahm zunächst DTM-Pilot Timo Scheider auf, Heinz-Werner Lenz und Gerd Körber schlossen sich dem an. Dazu kam aus dem Truckracinglager nun noch Hendrik Vieth sowie einige wirkliche Exoten, die meinten, da ebenso gegenhalten zu können (siehe dazu auch TGP Vorbericht vom 20. Juli). Allerdings stieg Körber, um seinen Schwaben-Truck zu schonen auf einen VW-Bulli um – mit einem 800 PS-Porsche-Motor. Im K.o.-System fuhr man gegeneinander, und am Ende war Körber tatsächlich der Schnellste und soll morgen dem DTM-Piloten beweisen, wozu Truckracer in der Lage sind. Einen kleinen Schönheitsfehler hat das Ganze dann aber wohl doch, denn Körber tritt eben nicht mit einem Truck zum Duell an. Deswegen ist im Gespräch, vielleicht noch ein zweites Duell – eben zwischen dem DTM-Audi und einem RaceTruck auszufahren. Heute genossen alle Teilnehmer aber erst einmal das einzigartige Feeling der Beschleunigungsrennen – und das anschließende Interview mit TV-Moderatorin Katharina Kuhlmann.