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Todt neuer FIA-Präsident – Folgen für Truckracing

29. Oktober 2009Vor gut einer Woche wurde der Franzose Jean Todt zum neuen FIA-Präsidenten gewählt. Seitdem gibt es immer wieder Anfragen, ob sich dadurch für das Truckracing etwas ändern würde – wahrscheinlich nicht. Der frühere Ferrari-F1-Chef steht ja nun eher für die Fortsetzung der bisherigen FIA-Politik. Doch auch sein Gegenpart bei der Präsidentenwahl, der Finne Ari Vatanen, vielfach als der radikale Reformer beschrieben, ist ja eigentlich von Grund auf konservativ geprägt. Vatanen war bei der Europawahl im Juni dieses Jahres nicht mehr ins Parlament gewählt worden – er vertrat dort von 1999 bis 2004 die finnischen Konservativen und von 2004 bis 2009 die UMP, die Partei des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy – und gab dann am 10. Juli seine Kandidatur als Nachfolger von Max Mosley bekannt. Allerdings verwies der scheidende Amtsinhaber ständig auf die fehlenden Führunsgerfahrungen Vatanens und machte nie ein Hehl daraus, dass er den Finnen für das Präsidentenamt als ungeeignet hielt.
Andererseits wurde der ehemalige Europa-Parlamentarier von den meisten großen Automobil- und Motorsportverbänden ebenso wohl von den großen Automobilherstellern unterstützt. Doch wie in allen großen Sportverbänden, sei es nun das IOC oder die FIFA, um hier nur einmal die größten zu nennen, ergeben sich auch in der FIA die Mehrheitsverhältnisse nach anderen Kriterien, als man es von einem demokratischen Staatsapparat gewohnt ist. Jeder Verband in der FIA, unabhängig davon wie viele Mitglieder er tatsächlich vertritt, hat eine Stimme. Im wahren Leben und in der Politik würde ein Aufschrei der Entrüstung erfolgen, in den streng hierarchisch gegliederten Sportverbänden scheint es dagegen zu funktionieren. Schließlich ist die FIA inklusive all ihrer Vorgängerorganisationen mittlerweile 105 Jahre alt.
Mosley holte sich mit Todt einen weltweit höchst populären Gegenkandidaten nach eigenem Gusto und gemeinsam klapperte man dann die kleineren Mitgliedsländer ab. Vatanen warf Mosley unlautere Wahlkampfhilfe vor und wollte im Vorfeld ja auch noch die Gerichte bemühen, weil er meinte, der FIA-Apparat würde zur Unterstützung Todts missbraucht.
Auch wenn es nicht mehr zum Äußersten kam, war spätestens da deutlich, wie immer die Wahl ausgehen würde, anschließend muss noch eine Menge Porzellan gekittet werden. Auffällig war denn auch, dass die Mitgliederzahl in den letzten Monaten rasant in die Höhe schoss auf – nach neuesten FIA-Angaben – 228 Nationale Automobil- und Motorsport-Verbände aus 132 Nationen.
So sitzen denn auch im neuen Führungsgremium des Jean Todt vielfach Vertreter aus Ländern, die weder im Motorsport, noch als Automobilproduzenten bis dato eine führende Rolle spielten, z.B. Ecuador, Malaysia, Paraguay, Philippinen, Slowenien, Monaco, Vereinigte Arabische Emirate oder Kenia. Bei den insgesamt 22 Amtsträgern ist Mexiko gleich dreimal vertreten, Neuseeland und Italien jeweils zweimal.
Laut eigener Angaben vertritt die FIA insgesamt rund 100 Millionen Mitglieder der Automobilclubs; der mit knapp 17 Millionen weltweit größte Verband, der ADAC, ist in den Führungsgremien aber nicht mehr dabei. Präsident Peter Meyer sowie Sportchef und FIA-Vize-Präsident Herrmann Tomczyk hatten schon frühzeitig ihre Sympathien für Vatanen bekundet. Deutschland ist allein durch Graf von der Schulenburg, dem Präsidenten des AvD im FIA-Senat vertreten, der AvD hat etwa sechs Prozent der Mitglieder des ADAC.
Die Ausgangsfrage war, was hat diese Wahl für Auswirkungen auf das Truckracing?
Wahrscheinlich wird alles so bleiben, wie es war. Eigentlich darf man davon ausgehen, dass der Großteil der neuen Führungsriege die FIA European Truck Racing Championship – in Europe nach der F1 die erfolgreichste FIA-Serie – gar nicht kennt, geschweige sich schon jemals damit befasst hat. Der ADAC, als Veranstalter des mit rund 200.000 Besuchern populärsten Truckracingevents weltweit seit jeher Truckracing-Vorreiter in der FIA, hat nun auch kaum mehr Möglichkeiten, diese Motorsportserie an vorderster Front weiter zu puschen. Die Kommentare rund um die Wahl zeigten schon, dass die FIA weiterhin gleich gesetzt wird mit Formel 1. Kaum einmal wird darauf verwiesen, dass es da noch eine ganze Reihe anderer Motorsportserien gibt.
Einen Lichtblick gibt es dann doch noch. Todt hat angekündigt, sich als Präsident nicht unbedingt um die Belange der Formel 1 kümmern zu wollen, und Alan Donnelly zum F1-Sonderbeauftragten ernannt. Es gebe schließlich genug andere Arbeit, die FIA sei nicht nur die Formel 1, sondern sie vertrete noch viele andere Serien und auch zig Millionen Autofahrer weltweit.