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Barcelona Drumherum

Barcelona Drumherum

08. Juli 2009Das Schönste war sicherlich das Wetter, kein Vergleich mit den 3 Tagen Regen pur im letzten Jahr. Wenn dann jedoch gar kein Lüftchen mehr durchs Paddock wehte, wünschte man sich schon mal etwas Abkühlung herbei – oder aber man sprang in einen der diversen kleinen Swimmingpools. Beim Springen konnte es Einigen nicht wild genug zugehen, sie stiegen entweder auf Leitern oder ließen sich am Ende gar vom Gabelstapler in die Höhe hieven. Es ging aber auch geruhsamer, so gab David Vrsecky sein abendliches Fernsehinterview ebenfalls im Pool sitzend. Das aufblasbare Becken vom Team Oxxo war das größte und meistbesuchte. Nun hieß es, die Ungarn bekämen möglicherweise einen Whirpoolhersteller als neuen Sponsor. Und so fiebern die Truckracer dem Tag entgegen, an dem das Team um Balazs Szobi denn nun einen ausgewachsenen Whirlpool im Fahrerlager aufbauen wird.
Es gab aber auch etwas, was nicht so gefiel, was eigentlich unverständlich war. So verbot man den jungen Damen vom Allgäuer Team den Zugang zur Startaufstellung. Dabei sind die Mädchen in ihren engen Trikots und mit ihren grünen Schirmen ein ausgesprochener Blickfang und eines der beliebtesten Photoobjekte. Nicht weniger unverständlich auch das Verbot von Fahrrädern. Einige Photographen, z.T. auch die von „truckracing.de / truckrace.info“ legen die großen Entfernungen an den Rennstrecken mit eigens mitgebrachten Fahrrädern zurück. Jahrelang konnte man dies anstandslos auch in Barcelona, nun war das plötzlich explizit verboten. Erlaubt waren nur Motorroller und Motorräder sowie Autos. Auf den engen Rettungswegen, auf denen man an der Rennstrecke entlangfährt, sind letztere allerdings ein einziges Hindernis.
Noch unverständlicher waren aber die Probleme mit dem – übrigens kostenpflichtigen – Internet, die man bei einer F1-Strecke wirklich nicht erwarten durfte, zumal es in den Vorjahren ja auch Derartiges nicht gegeben hatte. Die Verbindungen zum Netz waren teilweise ungemein langsam und brachen zudem immer wieder ab. Datenpakete oder Bilder zu laden oder zu verschicken, wurden zu einer einzigen Tortur, Korrekturen waren kaum möglich.
Die echten Aufreger spielten sich aber auf der Piste ab. Für den Außenstehenden nichtnachvollziehbar war insbesondere das Auf und Ab bei Buggyra, schon in den beiden Zeittrainings. Allerdings litten Vrsecky und Markus Bösiger hier ganz besonders unter der scheinbar wieder einreißenden Unsitte, dass es manche Piloten in der Aufwärmrunde zum Zeittraining extrem langsam angehen lassen. Und so läuft denn die Spitzengruppe in ihren ersten schnellen – und meist auch entscheidenden Runden – häufig schon wieder auf das langsame Ende des Starterfeldes auf und muss abbremsen. Dass Piloten bei sich bessernden äußeren Bedingungen im Zeittraining mit neuen Reifen schlechtere Zeiten fuhren als im morgendlichen Warm-Up, hat es so auch noch nicht gegeben.
Ein weiterer Aufreger – aber nicht erst seit Barcelona – ist die manchmal extrem harte Gangart einiger Piloten. Das freut sicherlich die Fans auf den Tribünen, wenn höchst spektakulär Plastik- und Metallteile durch die Gegend fliegen. Wenn aber infolge der Crashs Piloten in aussichtsreicher Position dann ins Abseits befördert werden und ausfallen, kommt Frust auf, der sich auch schnell mal zu Unzeiten entladen kann. Für den außen stehenden Beobachter nicht immer nachvollziehbar sind oft die Entscheidungen der Rennleitung, wenn für kaum erkennbare Bagatellen drastische Strafen ausgesprochen werden, solche Vorfälle aber, wo es wirklich böse kracht und die die Meisterschaft mitentscheidend beeinflussen können, als normale Rennunfälle betrachtet werden. Nun muss man zugeben, dass es an vielen Rennstrecken nicht gerade einfach ist, das ganze Geschehen wirklich im Auge zu behalten.
Doch der Circuit de Catalunya bietet da geradezu vorbildliche Möglichkeiten. Es gibt keinen Punkt der Piste, der nicht permanent von Überwachungskameras im Auge behalten wird, und all dies wird während der Rennen auch aufgezeichnet. Und so kam die Rennleitung nach ausführlicher Betrachtung der Videoaufzeichnung beim eigentlichen Aufreger des Wochenendes auch zu ganz anderen Schlussfolgerungen, als so mancher Betrachter, ob er nun im Cockpit saß, an der Leitplanke stand oder auf der Tribüne saß, es gesehen haben wollte.
Im letzten Rennen lag Bösiger nach dem Start vor der zweiten Kurve, einer Linkskurve, auf der günstigeren linken Seite mit an der Spitze, als er in einen Reifenstapel gedrängt wurde. Der Schweizer fiel weit zurück, sein Buggyra-Freightliner war äußerlich stark beschädigt, die Plastikmotorhaube flatterte hin und her. Langsam fuhr der Truck weiter, wobei sich die Plastikteile offenbar wieder etwas stabilisierten. Der Freightliner nahm wieder Schwung auf, wurde aber schon bald vom Feld eingeholt mit den beiden Renaults von Markus Altenstrasser und Frankie Vojtisek an der Spitze.
In dem Moment, so Bösiger anschließend, habe er die Ideallinie frei gemacht, damit die Nachfolgenden ihn problemlos überholen konnten. Und bei diesem Überholvorgang krachten die beiden Renault-Piloten mit ihren Trucks dann ineinander.
Direkt nach dem Rennen waren die wildesten Geschichten und Gerüchte im Umlauf. Als sich die Gemüter schließlich beruhigt und die Kommissare die Aufzeichnungen intensiv am Bildschirm betrachtet hatten, wurde der Schweizer allein wegen Nichtbeachtens der blauen Flagge aus der Wertung genommen. Das war auch das einzig offizielle Statement zu der ganzen Situation. Am Unfall selbst, so konnte man inoffiziell aus der Sitzung erfahren, sei Bösiger nicht beteiligt gewesen. Nach dem Crash mischte der Buggyra-Pilot vorn wieder kräftig mit, folgte seinem mittlerweile in Führung gegangenen Teamkollegen Vrsecky im Windschatten und fuhr sogar auch noch die schnellste Rennrunde.
Wer all diese Aufreger noch einmal im Fernsehen sehen möchte, hat dazu Gelegenheit am kommenden Samstag, 11. Juli 2009, um 15:30 Uhr beim DSF.